Mittwoch, 22. März 2023

Immer diese Passanten

Immer diese Passanten 

Wir hatten eine tolle Saison im letzten Jahr. Aber - irgendwas ist ja immer. Auch im Paradies gibt es manchmal Ärger. Ob im Hafen oder auf Instagram - ein unschönes Thema kommt immer wieder hoch:  Seit Big C viele Neulinge aufs Wasser und in die Häfen gelockt hat, ist die gute alte Seemannschaft nicht mehr jedem ein Begriff. Wir bedauern das alle sehr. Ich hatte über das sehr gefährliche Brückenmanöver berichtet, welches uns erschreckte. Den Reaktionen musste ich entnehmen: Wir waren nicht die Einzigen, denen so etwas passiert ist. 

Noch etwas gab immer wieder Grund für Klagen. Das teils unterirdische Benehmen von Passanten in den Häfen. Eigentlich wollte ich diesen Post nicht schreiben. Ich hatte ihn schon so gut wie verworfen. Will ja keine die grantige Kojen-Rentnerin geben. Aber die ganze Saison über verging kaum ein Tag, an dem Passanten nicht unangenehm auffielen. Entweder bei uns oder es kam in der Instagram-Boots-Bubble auf. Auch nach der langen Winterpause mit Ausblick auf die neue Saison kam das Thema immer wieder hoch. 


Ja, wir sind auch oft Passanten. 

Darauf bedacht, als Gastlieger den Gastgebern Wertschätzung und Rücksichtnahme entgegen zu bringen. Die meisten Passanten benehmen sich auch so. Jedoch: s.oben, Big C , Seemanschaft und so. Viele scheinen Grundregeln des Miteinander verlernt zu haben. Rücksichtnahme Fremdwort. Viele wollen sich jetzt erst recht nehmen, was (wieder) geht. Lange war es gerade im maritimen Umfeld anders. 

Worum geht es hier überhaupt? Was ist hier mit Passanten gemeint?  

Eine  kleine Einordnung: Für die Freizeitschifffahrt gibt es verschiedene Möglichkeiten, wo und wie man über Nacht liegen kann, wenn man als Passant mit dem Boot unterwegs ist. In den Niederlanden ist diese Infrastruktur überdurchschnittlich gut. Eine dieser Möglichkeiten ist es, einen freien Platz in einem regulären Yachthäfen zu ergattern.   

Liegeplatz Yachthafen Niederlande

Das Yachthafen-Karussell - Passanten willkommen 


Unser Boot liegt in einem privat betriebenen Yachthafen. Wir mieten unsere Box ganzjährig, haben einen festen Liegeplatz und können dort liegen, solange und so oft wie wir wollen. Inclusive Nutzung sämtlicher Angebote des Hafens. Vergleichbar mit einem Campingplatz. Wir sind also quasi Dauercamper. Wenn wir mit dem Boot über Nacht weg sein werden, sagen wir im Hafenbüro Bescheid. Der Hafenmeister oder die nette Dame im Büro wissen dann, unsere Box ist frei. Wenn ein Passant kommt, kann er da rein. Der Hafen verdient damit zusätzliches Geld. 

Schon, wenn man vom Heeger Meer abbiegt und den Schildern zu unserem Hafen folgt, liest man diverse Male: Passanten welkom. Aber auch: Passanten bitte melden beim Hafenmeister. Anlegen bitte erst am Meldesteiger. Mehrere Male. Mehrsprachig. Am Meldesteiger ist das Procedere dann erklärt. Am Hafenbüro dito. Ist dort keiner, kann man klingeln und es meldet sich sofort jemand. Dieses Procedere funktioniert in den meisten Häfen gleich. Es entsteht so in der Saison ein eifriges Karussell, welches allen dient. Simpel und gut. Sollte man meinen. 

Meldesteiger für Passanten im Yachthafen



The Regels are the Regels - eigentlich 


Aber: Es gibt immer und überall welche, für die Regeln nicht gelten. Die einfach durch einen Hafen brettern, voller Einsatz Bug-und Heckstrahlruder und sich den Platz aussuchen, den sie gerade schick finden (oder den, den sie als nicht ganz so schwer zum Anlegen empfinden) Dann wird das Boot mehr oder weniger fachmännisch festgemacht und man geht erstmal fein in den Ort. Dem Passanten doch egal, ob er sich beim Hafenbüro melden sollte. Dem Passanten doch egal, ob der Liegeplatzinhaber vielleicht noch zurück kommt. Oft kann man schon dankbar sein, wenn das Boot wenigstens so festgemacht ist, dass es keine Schäden an Nachbarbooten anrichtet. Und wenn doch der Meldesteiger genutzt wird, kann man von Glück reden, wenn dieser heil bleibt. Alles schon da gewesen. 

Manchen ist auch gar nicht klar, dass sie in einem privaten Yachthafen gelandet sind, sie sind halt nicht so versiert im Karten lesen und nehmen die erste Einfahrt, in der Passanten welkom steht. Dass der echte Passantenhafen eine Einfahrt später kommt, tja Pech, nee. Man liest Passanten welkom und ab dafür. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das führt natürlich zu echtem Verdruss, auch die Hafenmeister und Betreiber sind mittlerweile nicht mehr amused. Der Ton ist rauer geworden. Ich kann es gut verstehen. Klar, man kann sich mal vertun, man kennt sich vielleicht nicht gut aus. Aber wenn ich mit einem Boot unterwegs bin, dann informiere ich mich doch über die Gepflogenheiten. Jeder Vercharterer gibt ein Handbuch mit an Bord, wo diese Procedere genau beschrieben sind. 

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil 


Beispiele gefällig?: Es ist früher Abend, ich stehe mit einem Bootsnachbar am Steg, wir unterhalten uns. Von hinten kommt einer auf uns zu und quatscht sofort los: "Ey, Ihr da. Ich muss Euch mal was fragen"  Mir kommt sofort die Galle hoch und ich würde am liebsten fragen, ob wir schon mal zusammen an einen Baum gekotzt haben oder warum er mich so vertraulich anspricht. Mein Bootsnachbar ist schon geübter. Er ist ein echter hanseatischer Captain, dem kommt so schnell keiner doof. Er antwortet : "Ja, Ihnen auch guten Abend. Und Ja, wir sprechen deutsch. Und wir sind auch nett, wir unterbrechen gerne, um Ihnen zu helfen" Krchchch. Der Passant, leicht verunsichert, wirft sich aber erstmal in wichtige Pose "Wir liegen auf der 226 mit einer 14 Meter Yacht. Da können wir ja wohl bleiben oder?" Ich rolle die Augen. Wie er sich in Pose wirft, über die Haare streicht bei den Worten "14 Meter Yacht" Glaubt der, wir erstarren jetzt in Ehrfurcht? Weil wir nur knappe 10 haben? Achtung Spoiler: Wir sind das ganze Jahr hier, wir kennen jede Charteryacht in Friesland. Auch die 14 Meter Yacht, mit der er angibt. Er kann sich vielleicht mit seiner Crew für ein paar Tage die 14 Meter Yacht leisten, wir aber können uns eine 10 Meter Yacht das ganze Jahr und das nächste und die nächsten leisten. So nämlich. Mein Bootsnachbar erklärt mit Engelsgeduld das Passanten-Procedere und schlußfolgert: Wer lesen kann, ist halt klar im Vorteil. Eigentlich ganz einfach. Der Passant schleicht sich, kommt aber schließlich noch zurück, um sich zu bedanken. Immerhin. Du mich auch. Und nun gute Fahrt weiterhin. Und demnächst erst an den Meldesteiger. Nix einfach mit "14 Metern auf der 226"  

So in der Art ging es die ganze Saison munter weiter. Es ackern sich riesige Charteryachten durch den Hafen. Munter vor sich hin motzend "Was sind das für enge Boxen hier" "Wie scheiße ist das ausgeschildert" "Fresse halten" und erstmal rabumm gegen einen Poller. Immerhin nicht gegen ein Boot. Da sind wir ja schon dankbar. Zugegeben: Unser Hafen ist nicht für Anfänger. Es ist eng hier. Aber - bitte. Hat Euch keiner gezwungen, hier anzulegen. Besonders Motzer freuen sich, wenn sie in einer Box landen, wo der Liegeplatz-Halter feste Seile angebracht hat.  Diese Festmacher-Leinen werden selbstredend allzeit gerne von Passanten genutzt. So praktisch. Nice. Dass die Seile in 90 % der Passanten-Fälle anschließend dumm ins Wasser fallen gelassen werden - Shit happens.


Hafenkinoprogramm in Dauerschleife  


Es werden 20 Meter lange Querstege mit einem 8 Meter Boot komplett okkupiert, es ragen Boote soweit über die Stege hinaus, dass manövrieren für andere komplett unmöglich wird. Richtig nett auch die, die erstmal das komplette Charteryacht-Equipment auf dem schmalen Steg ausbreiten und es sich gemütlich machen. Ach, da wollen auch noch andere durch? Ja, blöd, ne. Hahaha. Da legen wir erstmal die Hälfte der  Klamotten über die Reling empfindlicher Segelboote. So what! Wenn der Hafenbetreiber keine Garderobenständer zur Verfügung stellt, was soll man da auch tun?   

Gar nicht zu reden davon, dass manche Passanten sich in den Sanitäranlagen austoben, als käme nach ihnen kein Mensch mehr. Und und und. Wie gesagt, es ist eine Minderheit, die sich so benimmt. Leider eine stetig wachsende Minderheit. Es gibt auch immer mehr Dauerlieger im Hafen, die sich zusehends ärgern. Es gibt Bootseigner, die dauernd Gastlieger aus ihren Boxen scheuchen müssen. Die sich zumeist uneinsichtig zeigen. Man solle sich nicht so anstellen und der Dauerlieger sich halt gefälligst seinerseits einen anderen Platz suchen. 

Ganz neu im Passanten-Kino: Auch wenn man kein Boot hat, ist ein Hafenparkplatz anscheinend begehrenswert. Da bleibt man solange auf der Straße, bis man mit einem Hafen-Anlieger durch das Tor fahren kann. Und wenn man Glück hat, ergattert man einen der begehrten E-Auto-Lade-Plätze, auf denen man dann tagelang stehen bleibt. Auch wenn man da eigentlich nur stundenweise stehen darf. Dumm für die, die mit ihrem E-Auto den Heimweg antreten wollen und noch aufladen müssen. 

Hawaiihemden gehen immer. Nicht 


Noch spät in der Saison kamen sie mir entgegen. Vier erwachsene Männer in zu engen Shorts und bunten Hawaiihemden. Grölend einen der hafeneigenen Bollerwagen hinter sich her ziehend. Im Bollerwagen: halsbrecherisch gestapelte leere Bierkästen. Frohgemut zog man durch den Hafen, aus dem Hafen heraus, zum Supermarkt. Nachschub organisieren. Irgendwo auf der Welt ist schließlich immer 4 Uhr.   
Bollerwagen im Hafen

Verblüffender Fakt: die hafeneigenen Bollerwagen sind nicht dafür gedacht, vatertagsmäßig durch den Ort zu ziehen. Die dienen wie in jedem Hafen dazu, sein Gepäck an den Steg zu verfrachten. Immerhin schön, dass der Bollerwagen zurück in den Hafen gekommen ist. Leider soll er nicht als Tisch-Ersatz am Boot verbleiben, er kommt wieder nach vorne zu den anderen. Damit auch andere diesen Bollerwagen nutzen können. Kleiner Hinweis: Der Ballermann ist wieder bespielbar. Nehmt doch bitte Schaufel, Eimerchen und Strohhalm und geht dahin. 

Für mehr "altmodisches" Miteinander 

              
Ich könnte endlos erzählen. Aber so ist es halt. Nicht nur in den Häfen. Sondern auch oft genug im ganz normalen Alltagsleben. Gegenseitige Rücksichtnahme und Wertschätzung werden immer weniger. Wie gesagt, in den letzten Jahren ist es ärger geworden. Die Ignoranz der Menschen und das sich zu allem berechtigt fühlen nimmt ungeahnte Ausmaße an. Auch in unserem Hafen wird, soll sich da noch so einiges ändern. Es wird so nicht weitergehen können. Obwohl es wirklich schade ist. Denn es ist auch oft sehr nett, sich mit Passanten zu unterhalten, auszutauschen, sich gegenseitig Tipps zu geben. Die Passantenkultur in den Häfen ist eigentlich eine schöne. Für beide Seiten gewinnbringend. Es wäre schön, wenn man sich darauf wieder konzentrieren könnte.

Sonntag, 12. März 2023

Einmal Vitamin Sea bitte

Hach. Ach. Hach. War das schön. Es musste einfach sein. Einmal durchatmen. Die Nordsee begrüßen. Licht, Luft und sogar ein bißchen Sonne genießen. Eben

                           Einmal Vitamin Sea bitte 


Strand in Callantsoog

Wie in jedem Vor-Frühling haben wir uns ein paar Tage Auszeit an der Nordsee gegönnt. Diesmal dank des "'nen Scheiss muss ich Modus" für eine Kurzwoche von Mo - Fr aka langes Rentner-Wochenende. Eine in NL außerhalb der Saison sehr gängige Buchungsperiode. Hat den großen Vorteil, dass es deutlich günstiger ist als am Wochenende. Und natürlich nicht so voll. Gleichzeitig war es 

                                             Mr. Portugals erster Urlaub


Mit Hund an der Nordsee


Und wir durften mit. Wie schon einige Male zuvor waren wir in Callantsoog. 
Callantsoog perfekter kleiner Ort an der Nordsee
Urlaub dort ist immer entspannt. Der Ort ist nicht der idyllischste zugegeben, aber dafür überschaubar und hat alles, was man so braucht. Vor allem ist man immer schnell am Strand und am Meer. Direkt hinter der großen Düne am Ortseingang gibt es ein kreisrundes Haus, in dem man Appartements buchen kann. Hunde sind erlaubt. Die Appartements sind nicht groß, aber schön eingerichtet und für ein paar Tage reicht das allemal. 

Unserem fusseligen Schatz gefiel es super. Die Weite, der viele Platz am Strand zum toben, die bei Ebbe entstandenen Priele, in denen man so schön rummatschen kann, die Dünen, in denen es so viel zu erschnüffeln gab. Die Wellen wurden noch skeptisch beäugt. Er wagte sich zum Wasser, aber wenn die Wellen kamen, hüpfte er doch lieber ein paar Schritte zurück. 

Mit Hund am Strand
Ach, ist das schön hier. Und soviel zu sehen 

Alles in allem - es waren wunderbare Tage. Wir haben es genossen - unser Tussendoortje an der Nordsee. Und ganz bald geht es dann nicht nur ans Wasser, sondern auch aufs Wasser.   

Toben am Hundestrand
Im Gleichschritt Richtung Freiheit  

Hundespaß im Sand
Tagesplan steht: Ball spielen am Strand 

Sonnenuntergang am Strand
Da staunt sogar Mr. Portugal still

In 2024 führte uns der erste Kurzurlaub des Jahres in eine ganz neue Location: Winter Wunderland Worpswede