Freitag, 30. September 2022

So sieht Erleichterung aus - endlich Urlaub

So sieht Erleichterung aus. 


Genauso. Tiefe Erleichterung. So sehr strahlte der Captain, 
als er endlich um die Ecke bog und das Boot enterte. 
Er war mehr als froh, als endlich, endlich auch er Urlaub hatte und sich für länger als nur als ein paar Tage zu mir und der frischen Brise gesellen konnte. Die vorangegangen Wochen waren stressig. Murphy hatte uns den ganzen Sommer nicht verlassen, irgendwas war immer. Meistens irgendwas, das aus Gründen auch an ihm hängen blieb. Ich konnte ihm wenig abnehmen. Dazu kam das heiße Wetter, welches einen gerade im Pott immer wie eine feste Glocke umschließt und wenig Raum zum Durchatmen gibt.  

Aber nun war er da, mit ihm die Hoffnung, dass die nächsten 3 Wochen genug Zeit und Raum für Erholung geben würden (Spoiler: ja, die Hoffnung erfüllte sich)  Ich empfing ihn mit Holland-Sushi aka Matjes, die ich morgens frisch aus dem örtlichen Supermarkt-Regal hatte fischen können. 

Das Wetter spielte mit. Es war schön warm, aber nicht zu heiß. Es wehte ein kleines Lüftchen, aber nur ein kleines. Im Hafen war es windstill. Zum Unmut der benachbarten Segler. Wir begannen den Urlaub mit einer feinen "Radeln nach Zahlen" Tour und umrundeten die Aldegaaster Brekken. Die Tour, die ich im Erklär-Bär-Post zu den Fietsknooppunten als Beispieltour genommen habe. (Dort auch ausgiebig bebildert) Wir genossen die Tour sehr, obwohl es erstaunlicherweise sehr windig war. Anders als im Hafen. Merke: Bei Nordostwind kommt im Hafen nichts davon an, aber draußen war es ganz ordentlich. Die Stegnachbarn hätten ruhig los segeln können. 

Oudega, Südwest-Friesland
Oudega, Südwest-Fryslan 

Bevor wir nach der Tour zurück zum Knooppunt 35 Heeg radelten, gönnten wir uns ein schönes Abendessen in Oudega. Den Italiener dort wollten wir schon lange ausprobieren, das bot sich jetzt an. Fazit: Das wird eine feste Größe für uns werden. Essen lecker, Aussicht prima, Bedienung sehr freundlich, Atmosphäre sehr entspannend. Darauf noch ein Biertje und ein Glas des leckeren Weins. Interessanterweise aus der früheren zweiten Heimat Tessin. 



Nach diesem gelungenen Auftakt waren wir bereit für einen besonderen Sonntag. Wir bekamen Besuch von unseren besten Freunden. Sie waren bereits einmal auf unserem Boot gewesen, in dem Jahr des Bootskaufs. Das war damals aber nur kurz, weil verbunden mit einem anderen Ausflug. Die bigC Jahre hatten einen Besuch erschwert, aber nun kamen sie angereist. Leider nur für einen Tag. Ließ sich nicht anders einrichten, es war aber auch so angedacht. Unser Freund ist eher der, der gerne am und nicht ganz so gerne auf dem Wasser ist. Da ist ein Schnuppertag erstmal eine gute Idee, so dachten wir. 

Glücklich auf dem Wasser

Und so war es. Das Wetter hielt. Wir empfingen die beiden mit einem großen Frühstück an Deck, danach gab es noch ein kleines Spektakel. In Heeg war Heech-Fest, ein Teil davon fand bei uns am Kanal statt. Also Dirt-Racer anfeuern und danach weiter sehen. Wir überließen den beiden, was sie gerne machen wollten und zu unserer Freude wollten sie gerne eine Runde drehen. Also Leinen los und ab. Erst eine gemächliche Runde durch die Kanäle, Woudsend ist schließlich sehenswert. (Vom Wasser her und wenn nicht gerade Bauernmarkt ist ;) )  Danach fuhren wir noch eine gute Runde Heeger Meer bis zu den Inseln. Allen gefiel es, auch dem eher skeptischen Freund. Der Wiederholung, gerne auch epischer, dürfte daher nichts im Wege stehen.  

Skeptisch, aber nicht unglücklich

Den Sonntag beschlossen wir auf der schönen Terrasse der Oude Vishal in Heeg, formerly known as Narnia, genossen die Aussicht und den Fisch, bevor unsere Freunde zurück nach Hause fuhren. Wir für unseren Teil fühlten uns nach dem schönen Wochenende gestärkt und bereit, am nächsten Tag in unser nächstes Abenteuer zu starten und mit der Aquamarijn auf große Fahrt zu gehen.   




Hier geht es weiter: Der Bootstörn beginnt: erste Station Gaastmeer 

Donnerstag, 29. September 2022

Radeln nach Zahlen - das Netz der Fietsknooppunte

Mit de Fiets / dem Fahrrad unterwegs in den Niederlanden 

Die Niederlande haben eine ausgeprägte Fahrradkultur. Soweit so bekannt. Weniger bekannt ist, wie die Niederlande diese Fahrradkultur organisieren und fördern. In den Insta-Stories habe ich in diesem Jahr viel zu unseren Fahrradtouren und auch zu meinen alltäglichen Fahrten während des ganz normalen Alltagslebens ge-postet. Vor allem die Frage nach dem Radwege- und Fietsknooppunten-System kam immer wieder. Deswegen wird das hier ein Erklärbär-Beitrag dazu.  

In den Niederlanden bewältigen viele ihren normalen Tagesablauf mit dem Fahrrad. Es ist nicht nur normal, sondern auch deutlich entspannter als in Deutschland. Nirgendwo, selbst in den größten Städten kommt man als Fahrradfahrer in grenzwertige Situationen. Seit es E-Bikes gibt,  hat sich der Radius deutlich erweitert. Sehr viele, auch junge Leute benutzen die unterstützenden Bikes. Einfach, weil sie damit deutlich mehr mit dem Rad erledigen können. (Dort guckt keiner schräg oder macht blöde Kommentare von wegen unsportlich oder Omma-Rad. Wobei diese Kommentare in der Regel eh von Leuten kommen, die nach wie vor alles mit dem Auto machen) Aber darum soll es hier nicht gehen. Sondern um: 

Das Radwege-System in den Niederlanden - das Netz der Fietsknooppunte 

Das Fahrradwege-System in den Niederlanden ist überdurchschnittlich gut ausgebaut. Es gibt fast überall separate Fahrradwege, so gut wie nie muss man sich als Radfahrer die Straße mit dem Auto teilen. In den Großstädten sind die Straßen immer unterteilt in Rad - und Autospur, deutlich voneinander abgetrennt durch Wälle. So kann man ganz entspannt neben dem Verkehr herradeln - und ihn oft genug überholen. Sogar neben einigen Autobahnen führen Radwege her. In den beliebten Kreisverkehren gibt es eigene Spuren für die Radler, die immer schräg entgegen die Autofahr-Richtung gesetzt werden. Man kommt da tatsächlich entspannt und ungefährdet drüber.  Auf dem Land gibt es auch meistens Fahrradwege neben den Landstraßen. Gibt es keine direkt neben der Landstraße, kann man sicher sein: Man sieht den Fahrradweg nicht auf den ersten Blick, er ist aber da. Er führt nur anders. Schöner. 

Radweg durch den Wald
Dieser Radweg führt mitten durch den Wald. 

Radweg durch die Felder
oder durch die Felder. Wie ganz oft lockt ein Picknickplatz 

Radweg am Princess Margriet Kanaal
Sehr oft auch direkt neben den Wasserwegen entlang

Fahrradweg neben der Autobahn
Direkt neben der Autobahn. Schade, dass kein Stau war. Wir hätten die Autos gerne überholt 


Fahrradweg durch die Dünen
Neben mir die Dünen. Dahinter das Meer. 

Fahrradparkplatz am Meer
Am Strand angekommen. Fahrradparkplätze gibt es. Autoparkplätze natürlich nicht. Gut so. 


Bringt uns zu der Frage: Wie finde ich diese traumschönen Radwege? Wie finde ich die beste Route, um mit dem Fahrrad von A nach B zu kommen. Die Antwort:    

Radeln nach Zahlen - das Netz der Fietsknooppunte

Das Radwege-Netz in den Niederlanden ist komplett kartographiert. Zu den Karten gibt es auch eine App, die Fietsknoop-App. Jede Wegmarke, jeder Ort, jede Radweg-Kreuzung hat eine Zahl. 

Den Fietsknooppunt, den Fahrradknotenpunkt

Man sucht sich die Route anhand dieser Zahlen.

Fahrradkarte Friesland
Fietsknooppunt-App. Old school 

Die Radwege haben unterwegs kleine Markierungs-Pfeile mit der Zahl des Knotenpunkts drauf, in dessen Richtung man fährt. Hat man einen Knooppunt erreicht, befindet sich dort eine große Karte des Gebiets, in dem man gerade ist. So kann man schnell  nochmal nachschauen, welcher Zahl man als nächstes hinterherfährt. Dieses System ist in den ganzen Niederlanden gleich, einzig in Zeeland hat man lange ein anderes System benutzt und gleicht sich erst sukzessive an. 

Gerne nehme ich Euch auf eine Beispieltour mit: ich möchte von Heeg aus eine schöne Radtour machen und suche mir eine Strecke auf der Karte aus. Ich will einmal rund um die Aldegaaster Brekken und dabei durch Oudega und Gaastmeer fahren. In Heeg hat der Knooppunt die Zahl 35. Von dort kann ich direkt in Richtung Knooppunt 38, Oudega fahren. 

Fahrradweg nach Oudega
Immer der 38 nach 

                                               
Schön, dass die 38 mitten im Ort ist und Oudega so eine gute Eisdiele hat. Gestärkt zur 31
                                                      
Badeplatz an den Brekken
Knooppunt 31 erstmal Pause am Strand. 


Fahrradweg rund um die Aldegaaster brekken
Jetzt zur 15, dann zur 16. Der See, die Aldegaaster Brekken, ist umrundet!   

Fahrradfähre
Es ist Wasser im Weg. Kein Problem, es gibt überall Fähren für Radfahrer und Fußgänger

Theoretisch könnte ich jetzt bis zum Ijsselmeer fahren. Ein erstaunlich kurzer Fahrradweg führt querfeldein. Sind fast 10 km weniger als mit dem Auto. Ich fahre aber heute an schönen alten Gehöften vorbei bis zum nächsten Knooppunt 16. Kurz noch der 34 hinterher und zack bin ich in 

Gaastmeer - der Ort
Gaastmeer. Das Meer gleichen Namens beehren wir oft mit dem Boot.   

Dort finde ich den Wegweiser zum Knooppunt 35, der genau - mich ruckzuck zurück nach Heeg führt. Ganz entspannte Runde. 25 km auf traumschönen Wegen, kein Stress damit, den Weg zu suchen. Ich kann einfach die Tour genießen. Radeln nach Zahlen eben. Hat man das System einmal verinnnerlicht, geht die Planung ganz schnell und man kann sich entspannt in den Sattel schwingen. Noch entspannter geht es mit den Routen-Vorschlägen der VVVs, der Touristenbüros oder der Fietsknoop-Webseite. Einfach immer den Zahlen hinterher. Verfährt man sich mal, weil man etwas übersehen hat - nicht schlimm. Der nächste Knooppunt kommt bestimmt. Absolut einfach, absolut genial. Ich danke dem Erfinder und denen, die dieses System aufgesetzt haben. Das muss zunächst eine gigantische Arbeit gewesen sein. 

Das Knooppunt-System gibt es übrigens nicht nur für Fahrradfahrer, sondern auch für Wanderer und für Reiter. Manchmal führen diese Wege nebeneinander her, das finde ich immer besonders witzig. Mitten im tiefsten Wald kreuzen sich Wege und dann ist man eine Zeitlang parallel. Die einen auf dem Drahtesel, die anderen hoch zu Roß oder auf Schusters Rappen. Sehr gesellig. 

Nachtrag: Was mich besonders freut. Auch in anderen Länder hat es sich mittlerweile rumgesprochen: Dieses System ist nicht zu toppen. Belgien ist ebenfalls komplett Knooppunte-durchkartographiert. Viele deutsche grenznahe Bereiche ebenfalls Und - yabbadabbadu - der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hat es auch adaptiert. Zumindest die Trassen und einige Routen haben bereits Nummern, Knotenpunkt-Tafeln und Wegmarkierungen. Ich find es großartig. 
Kennt Ihr dieses System und habt es auch schon genutzt?  

Fahrradknotenpunkte im Ruhrgebiet
Karte abfotografiert am Knotenpunkt Recklinghausen auf der Trasse "Allee des Wandels"  

Fahrradtour von Balk nach Sloten: hier klicken für den Bericht   
                


Montag, 26. September 2022

Der Sommer war lang

Der Sommer war lang

Klar, ein Sommer kann nie lang genug sein. Oft genug ist er aber zu kurz. Dieses Jahr nicht. Mein Sommer war lang. Mein erster Sommer im "nen Scheiß muss ich Modus" . Und da ich nicht nur Zeit habe, sondern auch eine zweite Heimat - klar, dass sich das bestens verbindet. So war ich den Großteil des langen schönen Sommers dort. Auf dem Wasser, auf unserer Aquamarijn. Zum Teil alleine, aber nicht einsam. Der Captain hatte erst spät in diesem Sommer seinen "richtigen" Sommerurlaub, er war wie gewohnt an den Wochenenden da. Davon wenigstens einige lange Wochenenden. Die Wochenenden nutzten wir dafür, unterwegs auf dem Wasser zu sein.  

Unter Segeln
Unter Segeln 
Segeltörn auf dem Heeger Meer

Unserer kleinen Familien-Flotille zum Dank ganz flexibel mal unter Segeln, mal motorend. Einmal auch ganz ohne Boot, ab zum Strand nach Makkum ans erfrischende Ijsselmeer. Reinlaufen, sich fallen lassen, liegenbleiben und genießen. Marke gestrandeter Pottwal. Immer wieder genial. 

Strandtag in Makkum
Strandtag in Makkum 
Riesenrad in Makkum
Weg zum Ausblick 

Ausblick vom Riesenrad Makkum
Ausblick übers Ijsselmeer 

Die Wochen alleine verbrachte ich friedlich, zumeist sehr dankbar für die stets leichte Brise an Bord. Im Pott war es wie üblich hitzetechnisch zeitweise nicht ganz so prickelnd. Da ging es mir im luftigen Boat-Office besser.

Was tun gegen Hitze an Bord
Hitzige Tage im Boat-Office 

Frisur im Wind

Mobil war ich "nur" mit der Fiets,

das handhabe ich ja zu Hause auch selten anders. In den Niederlanden ist fietsen auch bekanntermaßen entspannter, von daher alles fein so. Mit dem Fahrrad war ich am Gaastmeer, mehrmals in Oudega, in Ijlst und einmal auch in Woudsend. Auf dem Rückweg von besagtem Bauernmarkt erkundete ich den Rastplatz am Aquadukt und befand ihn für sehr tauglich. Da dieses feine Plätzchen direkt am Wasser nur knappe 6 km von Heeg entfernt ist, beehrte ich es im Laufe meiner allein an Bord Tage noch einige Male.

Wohngebiet in Ijlst
Wunderschönes Ijlst 


Rastplatz am Aquadukt Jeltesleat
Rastplatz am Aquadukt 

Diesen Platz hatte ich auch fast immer exclusiv. Was man für den Rest der Niederlande im Ganzen und Frieslands im Besonderen nicht unbedingt sagen kann. Im Juni, Juli und auch wieder im September war es erträglich. Deutlich leerer jedenfalls als in den letzten beiden "Urlaub im eigenen Land" Jahren. Was kein Wunder nimmt angesichts der Preise, die mittlerweile vor allem an der Küste aufgerufen werden. Aber der August hatte es dann in sich, vor allem die ersten drei Augustwochen. Im August sind komplett wirklich alle Schulen dicht in den Niederlanden, das Baugewerbe pausiert komplett zwei Wochen lang, auch viele andere Betriebe haben Betriebsferien. NRW war schon durch mit den Schulferien, aber einige andere Bundesländer hatten noch Schulferien. Da das Wetter entsprechend war, knubbelte es sich allerorten. Gefühlt jeder, der ein Boot, Wohnwagen, Mobilheim, Ferienhaus whatever hat, war vor Ort.

Passantenhaven Heeg
"Et is druk" im Passantenhaven Heeg 

Bei dem Wetter lockt der Süden nicht, das Flughafen Chaos schon mal gar nicht. Überall tobte das pralle Leben, übers Wasser hätte man streckenweise auch laufen können. Von daher blieben wir bei den bewährten Tagesausflügen und waren dankbar über unseren Platz im Paradies. Und dankbar dafür, dass wir die Nebensaison für größere Touren nutzen können ( wovon dann die nächsten Beiträge handeln werden ) 

Nachtrag: Falls Ihr nach Infos sucht, um einen Fahrradurlaub oder eine Fahrradtour in den Niederlanden zu planen, ich hätte das was für Euch: Einen ausführlichen Post zum Netz der Fietsknopppunte in NL - Radeln nach Zahlen ! https://logbuch-aquamarijn.blogspot.com/2022/09/radeln-nach-zahlen-das-netz-der.html