Freitag, 27. September 2019

Der erste Urlaub auf eigenem Kiel - Epilog

Die alten Weiber gaben alles und direkt das Wochenende nach unserem Urlaub versprach allerfeinstes Bootswetter. Wir waren zwar erst vier Tage zuhause, aber - was soll's. Wir beschlossen, nicht erst dann aufzuwachen, when September ends und fuhren am Freitag nach Feierabend direkt wieder nach Narnia. 

Nix mit Eroberung der Wäscheberge, Augen zu, Mantra "Putzen kann man auch im Winter" und direkt nach dem ersten Hafenkino-Kaffee am Samstagmorgen Leinen los. Wir fuhren noch einmal eine längere Strecke, bis ins Tjeuker Meer und gönnten uns ein Wochenende auf und an der schönen Insel Marchjepolle.

#RausausderStadtfahrTweet 
Wir finden diese Insel mit ihrem idyllischen Strand außerordentlich schön, alleine sind wir damit leider nicht. In der Hochsaison ist es reine Glückssache, ob man dort einen Platz kriegt. Und auch an diesem Wochenende war es schon relativ voll. Aber wir ergatterten einen feinen Platz und genossen noch einmal das, was die friese Meren so besonders macht. Wasser, Insel, Sand, Wiesen, Boote - fern ab von allem. Ein Paradies, wo man einzig und alleine mit dem Boot hinkommt. Nicht zu Fuß, nicht mit dem Fahrrad, schon gar nicht mit dem Auto. Das Gefühl, welches sich einstellt, wenn man an diesen Plätzen übernachtet, ist so einzigartig, man kann es kaum vermitteln. Aber wer es einmal kennengelernt hat, will es nie wieder missen. Sehnsucht ist ein Notfall. So wahr. 

Die Marchjepolle im Tjeuker Meer
eine Insel mit zwei Stegen 
Unser Inselplatz war mal wieder inclusive interessanter Nachbarschaft am Steg. Ostpreußsche Sauerländer, die dem verlorenen Paradies der Familie nachtrauerten, aber für sich selbst unerwartet und überraschend ihre zweite Heimat auf holländischen Gewässern gefunden hatten. Sie kamen wie die Jungfrau zum Kind aufs Wasser und konnten gar nicht mehr aufhören zu schwärmen. Unter anderem vom Genever, den sie uns nahebringen wollten. Ausgerechnet.  Na denn. Da ließen wir uns natürlich nicht zweimal bitten ..... Bei der Gelegenheit erfuhren wir auch, was im Hochsommer an der Marchjepolle so los gewesen war. Anscheinend ist diese Insel mittlerweile in der Saison eine Insel mit Vollversorgung. Den Brötchenservice aus Echtenerbrug kannten wir ja schon, den schwimmenden Lieferdienst für Ijs und Haring sichteten wir in diesem Jahr auch bereits diverse Male. Auf der Marchjepolle gab es weiterführende Dienstleistungen für den bedürftigen Bootsurlauber. Aufsehen erregten vor allem ein rot beleuchtetes Boot mit ähem wie soll ich sagen Wellness-Angeboten und eins mit pflanzlichen Erzeugnissen. (Cem Özdemir würde sagen "Ich kenne diese Pflanze nicht") Ja, machste nix. Geschäftstüchtig sind die Holländer ja. Schade nur, dass diese schönste aller kleinen Inseln somit eher für uns nur in der Nebensaison in Frage kommt.

Sonnenuntergang Marchjepolle
Sonnenuntergang im Tjeuker Meer 

Sonnenaufgang Marchjepolle
Sonnenaufgang - ein Goodie, wenn man auf dem Boot unerwartet früh wach wird   

Schade auch, dass einer der Genevertjes wohl nicht so ganz in Ordnung war, so dass die Rückfahrt am nächsten Tag bei Windstärke 4 aus ungünstiger Südwest-Richtung (sprich fiese kabbelige Wellen) schon sagen wir etwas spezieller  ausfiel. Aber das Seil in der Heimatbox saß.....   

Donnerstag, 26. September 2019

Der erste Urlaub auf eigenem Kiel, Teil 3

Phase drei: die stürmische Phase

Nach den Aufregungen der ersten beiden Phasen gönnten wir uns und der Aquamarijn erstmal einen Heimathafentag. Vorräte auffüllen, Wasser auffüllen und den ganzen Insekten-Poep abschrubbern. Dienstags legten wir wieder ab, das Wetter war durchwachsen, aber ok. Der Weg führte uns wiederum über das Sneeker Meer bis kurz vor Joure in das Limanda-ohne-Bugstrahlruder-bei-Windstärke-6- Gedächtnis-Hafenbecken. 

Marrekrite Hafen vor der Jourster Schleuse 

Hafennachbar. Trip to the Netherlands before Brexit 
Dort war es ziemlich leer und wir genossen Ruhe und relative Einsamkeit im Outback, bevor wir am nächsten Tag nach Joure fuhren, dem wir gerne immer wieder einen Besuch abstatten. Dort war es schon voller, das Wetter wurde schlechter und da ist der geschützte Greenedijk von Joure immer ein beliebter Anlaufpunkt. Diesmal vor allem für große Charterpötte, die bug- und heckstrahlruderten, was die Teile hergaben und sich vor allem in Boxen quetschten, die gar nicht für diese Größe bestimmt waren. Aber egal, dann belegt man eben direkt zwei. Egal, ob nachfolgende Schiffe, die in den richtigen Teil des Hafens wollen, kaum noch manövrieren können. Anlegen mit Seil um hintere Poller erschließt sich eben nicht jedem. Aber unser Seil saß. Beim ersten Versuch. Von mir persönlich geworfen. Konnte ich ja jahrelang nicht, aber so langsam wird et. Bin ich ehrlich stolz drauf.

Anlegen am Poller mit Seil

Grundsätzlich aber finde ich immer öfter, dass es ehrlich nicht schaden könnte, wenn bestimmte Vercharterer bei der Einweisung auch die Grundlagen seemannschaftlichen Verhaltens vermitteln würden. DAvon aber ab war Joure wie immer gastfreundlich und eine nette Abwechslung nach den vielen Tagen fast nur Wasser. Notiz an uns für das nächste Mal: Mit der Nespresso-Kundenkarte kriegt man in Douwe-Egberts-City keinen Landstrom aktiviert.


Am nächsten Tag wurde es ziemlich ungemütlich und der Buienradar verhieß keine Besserung. Im Gegenteil. Also - zurück zum Heimathafen. Der Regenbogen wies den Weg. Wir müssen es ja nicht drauf ankommen lassen. Schon gar nicht mit dem eigenen Boot. Wozu sich und datt Marijntje  quälen?  (Zugegeben: Der Gedanke, dass es im Fall des Falles nicht mit einer Selbstbeteiligung getan ist, spielt mit. Stahl gewinnt zwar immer, wir fühlen uns bei jedem Wetter safe. Aber jede Delle tut auch weh) Die Entscheidung war gut. Das erwies sich am nächsten Tag, der mit Windböen hart an der Windstärke 8 und vielen Regenschauern echt ungemütlich war. Gut, dass wir da nicht mehr fahren mussten. Ich hatte schon am Tag der Rückkehr bei Windstärke 6 richtig Manschetten vor dem Anlegemanöver in unserem Hafen. Aber mittlerweile brauch ich keinen Cowboy mehr als Mann, auch da meisterten wir unsere Box und die Poller auch an diesem Tag vorbildlich. Das erleichterte mich derart, dass ich schon vor vier mit dem Anlegeschluck aus der Kajüte kam...Tjanun. Watt mutt, datt mutt. Vom Heimathafen fuhren wir dann noch auf 4 Rädern für einen Bummel nach Sneek  und fügten Brunnen Nr. 7 zu unserer Liste hinzu. Und erstanden Spinnen-Abwehr-Spray. Scheint zu wirken. Mal sehen, wie es morgen aussieht, wenn wir zum vermutlich letzten Boots-Wochenende des Jahres aufbrechen.

Fontein van Fortuna, der Mann mit dem Füllhorn
Elf-Städte-Brunnen Sneek , der Glücksbrunnen. 
Fazit: Urlaub auf dem eigenen Boot ist anders. So vong Gefühl her. Der Drang, alles, was irgend geht, in die wenigen Wochen Urlaub zu packen, ist weg.  Wir wissen jetzt, wir können, wann immer unsere Zeit es erlaubt. Auch wenn wir dieses Jahr nur die halbe Saison mit unserer Marijntje verbrachten, haben wir schon in diesem Jahr das Gefühl, sehr viel davon gehabt zu haben. Sämtliche Optionen, die uns das schwimmende Zuhause an den Meren bietet, haben wir genutzt und genossen. Andere haben einen Wohnwagen an der Zee oder ein Ferienhaus, wir eben ein Boot. Vielseitig nutzbar. Immer so, wie wir Lust hatten und wie die Gegebenheiten waren. So schön, wenn man bei heißem Wetter sagen kann, wir fahren nicht soviel mit dem Boot, wir genießen Strand oder Outback, gehen schwimmen und lassen einfach die Seele baumeln. Schön, wenn man bei schlechtem Wetter sagen kann, egal. Fahren wir halt nicht, nutzen wir das Boot und den Hafen als Basis und Ausgangspunkt. Und wie schön, wenn man bei perfektem Bootswetter sagen kann, jetzt aber. Jetzt genießen wir eine tolle Strecke und fahren richtig viel. Was dann auch der Grund war, dass wir direkt am Wochenende nach dem Urlaub wieder da waren und einen Nachschlag genossen.

Montag, 23. September 2019

Der erste Urlaub auf eigenem Kiel, Teil 2

Phase zwei: gesellig und getauft !

Halbwegs präsentabel erwarteten wir den angekündigten lieben Besuch. Zum ersten Mal ein paar Tage zu viert auf der Aquamarijn. Wir waren gespannt, wie das sein würde. Das Ergebnis vorab: Es ging prima. Es ist natürlich eng, man räumt ein bißchen öfter von A nach B, es wird schnell rummelig, aber es ging gut. Während des Fahrens sowieso, aber auch das Bootsleben ging prima. Wir sind alle eingefleischte Bootsleute und wissen als solche natürlich, dass man den Luxus der Freiheit mit Einschränkung bei der Bequemlichkeit erkauft.

Das Wetter hatte sich etwas runtergekühlt, ein wenig frische Brise kam auf, es versprach, auch wettertechnisch ein perfektes Wochenende zu werden. Strahlend wie das Wetter begrüßten wir unsere Gäste. Schwager und Schwägerin kannten die Aquamarijn ja schon von der Besichtigung her, waren aber trotzdem gespannt, was sich schon alles verändert hat und vor allem, wie es ist, wenn man datt Marijntje richtig in Beschlag nimmt und nicht nur wie ein Ausstellungsstück ansieht. Sie fanden es wie wir von der ersten bis zur letzten Minute großartig, lobten das Boot und seine Funktionalität und fühlten sich erkennbar wohl. So soll es sein. Direkt nach der Ankunft der Gäste schritten wir bei strahlendem Wetter zum wichtigsten Teil des Besuchs.

Die offizielle Bootstaufe 

Wir hatten hin und her überlegt, wie wir es machen wollten. Nichts schien praktikabel. Eine große Feier in Narnia auszurichten hätte erhebliche logistische Aufwendungen erfordert. Es war mitten in der Saison, als wir das Boot übernahmen, alle, die wir hätten einladen wollen, hatten ihren Sommer geplant und wir hätten sie ja auch irgendwo unterbringen müssen. Was in Heeg gar nicht so einfach ist. Soviele Unterkünfte gibt es nicht und da der Ort in Wassersportkreisen außerordentlich bekannt und beliebt ist, dort dauernd irgendwelche Regatten ausgetragen werden, ist es schier unmöglich, sich mitten in der Saison dort irgendwo für auch nur eine Nacht an einem Sommerwochenende einzubuchen. Bis zum nächsten Jahr zu warten und das von langer Hand zu planen, wollte vor allem ich nicht. Das Boot ist da, es liegt an seinem Platz und uns am Herzen, wir wollten es und das, was es für uns ist, würdigen. Ganz ernst und feierlich. Also lautete der Beschluss: Wir taufen in ganz kleinem Kreis mit Schwager und Schwägerin, denn diese war ja als geübte Bootstäuferin unwiderruflich für diesen Job bestimmt worden - sie nimmt das ernst, sie macht das hingebungsvoll und inbrünstig und weiß genau, warum das gemacht werden muss. Jeder, der uns von nun an besucht, muss vor seinem ersten Schluck an Bord einen Schluck dem Meeresgott übergeben und hat so Anteil an der Zeremonie. Eventuell feiern wir im Winter auch zuhause nochmal eine Bootsparty, um unser Glück zu zelebrieren, aber das wird sich weisen.

Und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel
.....und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel 
Zunächst einmal waren wir aber im Hafen. Mit uns eine große Flasche allerbesten Champagners, den unsere Gäste uns und der Aquamarijn mitgebracht hatten. Meine Schwägerin hatte ein paar schöne Zeilen über den von uns ausgesuchten Namen und seine Bedeutung formuliert und verband diese mit den Wünschen für unser Bootsglück. Ernst sprach sie die Formeln zur Bootstaufe, die entsprechende Schlucke wurden geopfert, die Wünsche wie die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel mit Gesten begleitet und unser Boot war umgetauft nach allen Regeln der Kunst. Endlich.

Glücklich tranken wir die letzten leckeren Schlucke und begaben uns in den Ort. Vorräte auffüllen, Abendessen - diesmal "nur" an der Pommesbude mit angrenzender Hühnermeute und früh in die Koje. Am nächsten Morgen waren wir alle früh auf, voller Tatendrang. Die Männer begaben sich erstmal an unser Dingi-Dings (die eigentlich Davids genannten Gepäckträger, die ein Beiboot - eben das Dingi - tragen.Ich bin übrigens nicht die Einzige, die das Dingi-Dings nennt, jeder im Hafen weiß sofort, was damit gemeint ist), montierten es ab, verschoben im tiefen Inneren des Schiffsbauchs Metallplatten, um das ursprüngliche Gleichgewicht des Bootes wieder herzustellen und dann ging es los auf eine ausgedehnte Tagestour. 

Tschüss Dingi Dings. Wir haben es nun mal so gar nicht mit Beibooten
Übliche Strecke, die wir in diesem Jahr schon ein paarmal gefahren waren. Heeger Meer, um die Inseln herum, Gaastmeer, Oudegaaster Brekken - dort fuhren wir uns zum ersten Mal fast fest, es war echt nur noch die bekannte Handbreit Wasser unterm Kiel, aber beherztes Gas geben, einmal ruckeln und der weiche Untergrund gab uns wieder frei. Zurück mit Pause im jetzt fast leeren Gaastmeer Hafen.


Sinn und Zweck der Übung war, den beiden die nähere Wasser-Umgebung von Narnia näher zu bringen. Sie überlegen stark, es uns im nächsten Jahr gleich zu tun und da muss man ja wissen, was man dafür kriegt. Abends beehrten wir dann die traditionellste, altehrwürdigste, typisch holländische Gaststätte des Ortes und wurden nicht enttäuscht. Unsere Hafennachbarn hatten das empfohlen, sie gehen alle dorthin und nehmen gerne dafür die paar Schritte mehr in Kauf. Auch in unserem Jachthafen ist es wie in vielen anderen. Wir kennen das schon von früher: Es gibt ein hafeneigenes Cafe,Kneipe, Restaurant, aber da sitzen meistens Gäste von außerhalb, die sich gerne mal maritimes Yachthafen Flair ansehen. Die Besitzerin ist nur mittelfreundlich, gerne auch mal unwirsch (bei uns ist das eine Deutsche, muss ich mehr sagen? Schade, dass das so typisch ist). Sie grüßt die Hafenanlieger nur, wenn sie will. Und meistens will sie nicht. Ich nehme an, wir sind ihr nicht schick genug, um bei den Besuchern von außen damit punkten zu können. Jedenfalls - kaum einer von uns geht dahin. Sondern in den Ort zum Traditionsgasthaus. Wo auch viele andere von anderen Jachthäfen sitzen.

Am nächsten Tag legten wir ab für länger. Wir fuhren die Kanalroute rund um Heeg, passierten Woudsend, flirteten mit Lamas ohne Hüte, legten uns an mit einer sturen Gang junger Enten und fuhren die schöne Gracht bis nach Ijlst. Dort gab es Softijs, Kaffee und einen Grachtenrundgang.



Grachten in Ijlst  
Danach begaben wir uns über den Princess-Margriet-Kanal und den Lieblingskanal zum zurückgelegenen Teil der Inselwelt des Sneeker Meeres, in die Goaiingarypster Pollen. Ziemlich voll war es dort bei dem schönen Wetter, aber wir fanden noch einen exponierten Steg, der zur Übernachtung einlud. Es war ein Schwimmsteg, eine Neuheit bei Marrekrite, produzierte bei später aufkommendem starken Wind auch jede Menge im Boot zu hörende Geräusche. Vor der Nacht lag aber erstmal ein gelungener Nachmittag. Die Damen ergaben sich dem süßen Nichtstun, die Männer taten, was Männer auf Booten eben so tun. Arbeiten.

Männer tun, was sie auf Booten eben so tun 

Schwimmsteg Sneeker Meer

Anlegeschluck. Darf nie fehlen. 

Nach getaner Arbeit kredenzte ich an diesem Abend meine neueste Lecker-an Bord-Kreation, die One-Pot-Wok-Chinapfanne. Mit One-Pot-Gerichten experimentiert man von jeher an Bord gerne und eine vernünftige Wok-Pfanne war eine meiner ersten Anschaffungen für das Bootsleben. Zumal man ja in NL auch jede  Menge China-Küchenzutaten an jeder Ecke bekommt und das Ganze sehr variabel ist. Kam auf jeden Fall gut an. Fast genauso gut wie die am Abend aufziehenden Gewitter aus allen Richtungen, die wir ganz gemütlich unter unserem Bimini beobachten konnten. Bis es von einem Moment auf den anderen anfing, wie aus Kübeln zu gießen und zu hageln. Aber jeder wusste, was er zu tun hatte und innerhalb weniger Sekunden war das ganze Boot dicht. Echtes Teamwork. Wie am Schnürchen. Fanden wir alle super.

Am Sonntag ging es dann zurück in den Heimathafen und wir mussten uns schweren Herzens von unseren Gästen verabschieden. Von uns aus hätten sie gerne noch länger da bleiben dürfen. Neben der Geselligkeit war es auch schön, einmal mehr als vier Hände an Bord zu haben. Bei An- und
Und wenn noch soviel gequiekt wird. Der Ruhebewahrer Captain
Ablegemanövern und bei Regen, siehe oben. Sieht man wenigstens auch mal was bei Hafenein-undAusfahrt. Zum Beispiel den neuen Bewohner gegenüber vom Hafen: Den unglaublich verfressenen Alpi, der kaum einmal den Kopf hebt, damit man ihn fotografieren kann. Obwohl er unfassbar süß ist. Der Ruhebewahrer war jedenfalls hart irritiert, als Schwägerin und ich bei Hafenausfahrt orgiastisch quiekten: Oh, guck mal. habt Ihr das gesehen? Nicht die besten Ausrufe bei Hafenmanövern, aber - Alpakas sind ja immer süß, aber dieses ist echt ganz besonders sweet. Vor allem in der Gesellschaft. Eine Kuh, ein Pferd und ein Alpaka. Die Heeger Hafenmusikanten. Ach ja - Manöver! Tanken waren wir auch, das erste mal. Auch da gut, dass wir zu viert waren, Tanken mit Boot fand ich schon immer ätzend. Warum auch immer. 

Die Heeger Hafenmusikanten

Sonntag, 22. September 2019

Der erste Urlaub auf eigenem Kiel, Teil 1

Jetzt ist die Sommerzeit aber gerast. Er liegt tatsächlich schon hinter uns, der erste richtige Urlaub auf der Aquamarijn. Zwei Wochen Leben auf dem Wasser und nicht eine Minute haben wir es bereut. Nicht alle Minuten waren schön - ich sage nur Monstermücken - aber tjanun - irgendwas ist ja immer.

Der Urlaub lässt sich in der Rückschau in drei Phasen aufteilen. Die erste Phase war heiß und mückige, die zweite gesellig, die dritte stürmisch. Und einen Epilog gab es auch noch. Vorausgegangen war diesem Urlaub der Entschluss, keine neue Route zu entdecken, sondern "nur" zu gondeln und auch Tage einzubauen, die einzig und allein der Erholung dienen. Ursprünglich - als wir noch nichts von unserem Marijntje wussten - überlegten wir für den Spätsommer, uns aus unserer Komfortzone friese Meren rauszubewegen und die angrenzende Provinz Overijssel zu erkunden. Das legten wir aus mehreren Gründen schnell ad acta. Zum einen müssen wir nichts über's Knie brechen und haben ja definitiv viel viel Zeit, Neues zu erkunden. Gefühlsmässig sind wir immer noch in der KYB Phase und möchten einfach unser Boot ( ach, alleine, das zu schreiben - unser Boot - sagte ich schon? ok ok ok schon gut ) aus dem Effeff kennen und handhaben können. Das geht nun mal am besten, wenn wir uns nur auf bekannte Gefilde begeben. Zum anderen hatte sich zu unserer Freude Besuch angekündigt mitten im Urlaub. Schwager und Schwägerin würden für die gesellige Phase Sorge tragen. Außerdem: -  es gab noch einiges an Arbeit, was diesen Sommer erledigt sein sollte.

Guten Morgen Kaffee auf dem Boot
GoedeMorgenCoffie
Ursprünglich hatten wir zudem geplant, es etwas gemächlicher angehen zu lassen und erst Samstag morgens Richtung Narnia aufzubrechen. Aber nach zwei bootlosen Wochen ist Sehnsucht ein richtig großer  Notfall und so fuhren wir Freitag Abend doch noch spät ins gelobte Land, um nach ergiebigem Kampf gegen eine ganze Spinnen-Armada, die es sich auf der Aquamarijn gemütlich gemacht hatte, gegen Mitternacht todmüde in die Koje zu fallen und am nächsten Morgen glücklich und beseelt den ersten Kaffee an Deck zu genießen. Und Pläne zu schmieden.




Phase 1 : Heiß und mückig

Ende August, der Sommer hatte sich eindrücklich zurück gemeldet. Das Barometer klopfte an der 30 Grad Marke, es war windstill wie selten und uns war heiß. Richtig heiß. Aber zum Glück waren wir ja schon auf dem Wasser. Relativ schnell erledigten wir ein paar Einkäufe, füllten den Wasservorrat auf, beseitigten die schlimmsten "Spinnen- und Vogel-Poep-Stellen" , wie es so malerisch auf holländisch heißt und lösten die Leinen. Ab auf's Heeger Meer, an diesem Tag vor lauter Segeln kaum zu sehen, schnell ab ins Gaastmeer, kurzer Blick: alles voll, richtig voll. Blöd. Also weiter in die Oudegaaster Brekken, in denen wir erst neulich ein so wunderfeines "Das Leben ist gut   Wochenende" verbrachten. Die Marrekrite vom letzten Mal war bereits voll, zwei weitere ebenfalls, aber an der kleinen Insel mitten in den Brekken wartete noch ein idyllisches Plätzchen auf uns.


Idylle auf dem Wasser


Festgemacht. Badeklamotten an. erstmal zwei Tage nichts tun und ausruhen. Soweit der Plan. Ging auch zum größten Teil auf. Wir hatten idyllische Ausblicke, ein bißchen Marrekrite-Kino, hündischen Zulauf und gingen sogar vom Boot aus schwimmen. Auch dies zu verbuchen in der Kategorie KYB. Zunächst gelang es uns nämlich nicht, die Badeleiter der Aquamarijn auszuklappen, der Ruhebewahrer verstand zwar das System, fand es aber unbedienbar. Schließlich schnappten wir uns eine Leine, der Gatte bastelte einen Leinen-Steg und ging von Land aus ins Wasser. Vom Wasser aus schließlich gelang es ihm dann, den wahrscheinlich schon Jahrzehnte nicht mehr gelösten Mechanismus der Badeleiter zu bedienen und so konnten wir die Leine wieder einholen und richtig schön vom Boot aus schwimmen. Ein Träumchen. Ich wäre wahrscheinlich eh nicht via Leine wieder an Land gekommen und würde vermutlich bis heute da rum paddeln. Gut, dass ich da noch nicht wusste, dass ich ein paar Tage später doch noch turnerische Höchstleistungen vollbringen musste.


Weniger traumhaft war dann eine tierische  Begegnung der anderen Art. Monstermücken, die mich an ein lang vergangenes erlittenes Mückentrauma an der französischen Atlantikküste erinnerten. Dort begab es sich an einem Ort mit dem eigenartigen Namen Mimizan-Plage, dass pünktlich mit Einbruch der Dämmerung heuschreckengroße Viecher aus dem Nichts auftauchten, einen Riesen-Lärm veranstalteten und sich auf jeden stürzten, der sich in dieser Zeit draußen aufhielt. Mit Vorliebe verfingen sie sich in den Haaren der Urlauber, mich hat es damals eine ganze güldene Strähne meiner Haarpracht gekostet. Die Viecher waren nicht anders rauszukriegen, als einfach abschneiden.

Ganz so schlimm war es an den Oudegaaster Brekken nicht, aber schon beeindruckend. Der Gatte hat mir erst gar nicht geglaubt, als wir in der Dämmerung ein veritabel lautes Summen hörten. Später hörten wir bei uns im Hafen, dass auch andere erstmal Ausschau nach einem Hubschrauber hielten.  Ich kannte das Geräusch, ich wusste sofort, das sind Trilliarden von Mücken. Großen Mücken. (Die Brekken sind anscheinend ein Ort, an dem der Gatte erstmal in Frage stellt, was ich an skurrilen Theorien aus der Natur aus dem Hut zaubere. siehe die Kuh-Wettervorhersage). Anders als damals an der Atlantikküste hielten sich diese Mücken fern von Menschen, sie kamen uns kaum zu nahe , aber unheimlich war es schon. Erst recht, als wir uns dann ins Bootsinnere verzogen, alles natürlich gut abgedichtet, alle Mückengitter und Netze im Einsatz und dann Licht anmachten. Sofort war ein sagenhaftes Getrappel zu hören, es hörte sich an
Monstermücken kommen in der Dämmerung

wie heftiger Regen, kurz vor Hagel. Vorsichtig zog ich eine unserer Gardinchen zur Seite und konnten kaum glauben, was ich sah. Schnell zog ich die Gardine wieder zu und sagte zum Gatten nur: Das willst Du nicht sehen. Er glaubte zunächst, dass die Bootsnachbarn unglaubliche Dinge tun würden....  Aber es waren die Trilliarden, welche an unsere Fenster klopften. Richtig, richtig fies. Am nächsten Morgen - nichts. Als wenn nichts gewesen wäre. Nur viele Insektenflecken zeugten vom erlebten Spuk. Am nächsten Abend - dasselbe Phänomen. Immerhin waren am zweiten Abend schon diverse Wasservögel unterwegs, das Phänomen hatte sich wohl rumgesprochen. Die Enten, Blesshühner, sogar Fischreiher taten, was sie konnten. Alleine - das war nicht viel. Gebrummsel, Getrappel, wie gehabt. Gespräche mit anderen Bootsfahrern ergaben, dass es dieser Tage wohl überall auf den meren so war. Warum dieses Phänomen in diesem Jahr so massiv auftrat - man weiß es nicht. An der Dürre kann es nicht liegen, in Friesland hatte es ergiebig geregnet, es war auch nicht so heiß wie im Pott. Anscheinend lag es einfach am Sumpf, am Moor und der Windstille, welche diese Viecher eben nicht vertreibt.


Sieht schön aus, aber der Schein trügt
Trotzdem war das erste Wochenende erholsam und wir machten uns auf ins schöne, geliebte Stavoren. , welches mittlerweile in Friesland der Sehnsuchtsort ist, der Domburg in Südholland für uns ist. Strandtage am Ijsselmeer sollten es werden. Wurden es auch, aber den Platz dafür mussten wir uns hart erkämpfen. Hatten wir in den Vorjahren immer Glück im Binnenhaven von Stavoren, war es diesmal anders. Der schöne Hafen war knallevoll, teils lag man schon auf Päckchen. Mutig entschied der Captain, dass wir uns in die letzte freie Box reinzirkeln würden. Passte millimetergenau, ich war zunächst nur so mittel begeistert. Es gab keinen Steg an der Seite, mit Seilarbeit an den hinteren Pollern mussten wir uns in die Box reinziehen. Dank tatkräftiger Hilfe der dort bereits liegenden Skipper, die an Land vertäuten, gelang es aber erstaunlich gut. Nun blieb uns nur noch die Aufgabe, wie vom Boot runterkommen? Wir mussten ja leider über den Bug. Rückwärts konnten wir nicht in die Box, da hätten wir ja unsere Leiter gehabt. Aber in dem Fall hätten unsere da noch vorhandenen Dingi-Dings über die Anlegewiese hinaus geragt. Also mussten wir klettern und springen. Runter ging es mit einem eleganten Limbo-Schwung, rauf mit einer eleganten Arabesque. Wobei elegant durchaus mit einem ironischen Unterton zu lesen ist. Ich sach ma so: Zum Hafenkinoprogramm habe vor allem ich durchaus beigetragen. Aber es wurde mit der Übung besser. Die Aquamarijn hat nun mal einen durchaus hohen Bug, machste nix. Als erstes enterten wir dann in Stavoren auch den Bootsausstatter direkt am Hafen und erstanden ein mobiles Omma-Höckerchen sowie eine neue wasserabweisende Matte für den Eingang zur Kajüte. Die alte war schon ziemlich oll und uns ein Dorn im Auge gewesen. Aber nun haben wir eine schöne, marineblaue. Geht doch nichts über ein gepflegtes maritimes Ambiente.


Der ergatterte Platz war trotz der gegebenen Kletter-Schwierigkeiten Premium. Freie Wahl zwischen
gleich zwei Premium-Programmen: Schleusenkino und Hafenkino. Hätten wir die ganze Zeit den Platz nicht verlassen, uns wäre nicht eine Minute langweilig gewesen. Soviel war los in Stavoren. Wir genossen die Zeit noch mehr als bei den letzten Male. Wir fühlten uns ja nicht unter Druck gesetzt, wieder los zu müssen oder im Ort alle Sehenswürdigkeiten zu besichtigten. Natürlich begrüßten wir das Vrouwtje, aßen lekker, gingen einkaufen und begrüßten sogar eine alte Bekannte.

Hafenkino

Schleusenkino

Vrouwtje grüßt späte Seefahrer 

Hallo Limanda, kennst Du uns noch?  

Aber vor allem genossen wir das Ijsselmeer an den heißen Tagen am schönen Strand von Stavoren. Es war dort allerdings so heiß, dass wir es bei ergiebigem Schwimmen beließen und das Sonnenbad lieber bei leichter Brise und bestem Programm auf unserem Boot nahmen. Aber das Schwimmen war toll. Wenn ich eins in diesem Jahr wiederentdeckt habe, dann ist es das. Wie unglaublich beglückend Schwimmen im Ijsselmeer doch ist. Ich hatte es fast vergessen. Einfach sensationell. Du weisst zwar theoretisch, dass das Ijsselmeer ein See ist, aber da der See - bzw. Meerblick bis zum Horizont reicht, vergisst Du es. Du schwimmst also im Meer, aber das Wasser ist dank der flachen Tiefen schön warm und vor allem nicht salzig. Stundenlang kann man das machen. Schwimmen, plantschen, einfach nur im Wasser sitzen. Ein großer Traum. Und für uns, die wir nun soviel Zeit an Bord verbringen können, wie es die Freizeit hergibt, ein Traum, den wir nun ganz oft träumen können.


Weniger traumhaft dafür die Rückfahrt. Eigentlich war es schön an diesem Tag. Bei Windstille
zirkelten wir gekonnt aus der engen Box und begaben uns auf den Kanal de Fluessen und zurück aufs Heeger Meer. Wie so oft lag der Fehler aber im eigentlich. Denn die Windstille brachte nicht nur in der Dämmerung die Monstermücken (in Stavoren waren die übrigens nicht, wahrscheinlich hat der Buttje-Brunnen die gefressen) sondern auch die gefürchteten Ijsselmeer Fliegen aufs Wasser. Das sind Mini-Fliegen, die nur bei Hitze und absoluter Windstille auftauchen. Als wir letztes Jahr die Ausstellung am Abschlussdeich besuchten, hatten wir die Fliegenwolke schon mal gesehen. Nun waren wir mittendrin.

In der Wolke aus Ijsselmeerfliegen
Es war ein strahlender Sonnentag. Das Dunkle sind die Fliegen.... 
Was ist die Steigerung von Trilliarden? ich weiß es gerade nicht, aber in eben dieser gesteigerten Form von Ungeziefer befanden wir uns. Es war das absolut ekligste, was ich in all den Jahren Bootsfahren je erlebt habe. Sie waren einfach überall, eine riesige Wolke und wir mittendrin. Es wurde besser, je weiter wir uns vom Ijsselmeer entfernten und hörte erst hinter Heeg auf. Daher fuhren wir an dem Tag einfach noch an Heeg und dem Heimathafen vorbei und legten uns vor Ijlst an die Marrekrite. War aber auch nur so mittel, denn dort gab es zwar keine Monstermücken und keine Fliegen, dafür aber die gewöhnliche Stechmücke. Die Nacht wurde uns präsentiert von Schlaflosigkeit, Drachentöters formidables Mygga, Anti-brumm und Insekten-Vernichtungsspray.


Unser Boot sah aus - man macht sich kein Bild. Dabei hatten wir in Stavoren noch eine Putzstunde eingelegt. Aber nun wieder - überall tote Mücken, grüne Flecken von diesen Piss-Drecks-Kack-Fliegen - und wir erwarteten doch Besuch. Also früh abgedreht, ab in den Heimathafen und erstmal das Gröbste runtergeschrubbt. Blieb trotzdem unter dem Motto: Dieses Boot wurde frisch geputzt, schade, dass Sie es nicht gesehen haben.

Die eigentlich sehr schöne Marrekrite vor Ijlst 


FAQs und Antworten rund um alles, was für Bootsurlaub in Stavoren wichtig ist, findet Ihr hier