Freitag, 16. August 2019

Stürmische Zeiten - aber das Leben ist gut

The old king is dead - long live the King !

Nein, ich zitiere hier kein shakesperianisches Drama, es ist auch keins passiert. Alles gut. Aber gestern mittag war es wieder mal soweit. Im Radio lief "Viva la vida". Das Lied, um das wir alle einen absichtlichen Bogen machen, von dem wir aber nicht verhindern können, dass es uns von Zeit zu Zeit unvermutet trifft. Dareinst - in einer fern anmutenden, in echt gar nicht so lange vergangenen Zeit - war es "unser" Lied. Das Lied, welches wir immer hörten, wenn wir auf dem Weg in unsere damalige zweite Heimat waren. Sobald wir von der Autobahn abbogen, wurde dieses Lied angemacht und es passte immer haargenau bis vor die Haustür. Wenn der Trommelwirbel einsetzt - nach übrigens exakt 3:00 Minuten - bogen wir in "unsere" Straße ein. Bis heute ist es so: Wenn ich die ersten Tamtamtam Schläge und "I used to rule the world. Seas would rise when I gave the word" höre - empfinde ich einen Schlag in die Magengrube und hab einen dicken Kloß im Hals. Ohne das kann ich das Lied nicht hören. Weil tempi passati. Unwiederbringlich.

Gestern aber war es erstmals anders. Der Schlag war nicht ganz so heftig, der Kloß nicht ganz so dick bei  "The old king is dead - long live the King!" konnte ich wieder mitsingen und den Trommelwirbel grinsend begleiten. Denn unser altes viva la vida ist zwar verloren, aber nun haben wir Narnia. Unser eigenes, nicht mehr nur geborgtes Narnia. Und das fühlte sich so verdammt gut an. Trotz des immer noch gefühlten Schlages und den Kloß runterschucken müssen.
Das Leben ist gut - vor allem auf dem Boot

Drei Wochenenden waren wir nun hintereinander auf der Aquamarijn und jede einzelne Minute war schön. Vom kay-wye-bee-Wochenende habe ich bereits berichtet. Das Wochenende drauf war dann - ein perfektes Boots-Wochenende wie aus dem Bilderbuch. Die Aquamarijn - oder wie ich sie jetzt meistens nenne: et Marijntje (soviel Holländerin steckt in mir, dass ich aus meiner tje-Verniedlichungs-Sucht nicht rauskomme) - zeigte sich von ihrer friedlichsten Seite, sie tat, was sie sollte und was wir wollten. Und wir wollten vor allem Einsamkeit. Nicht ganz so einfach in der Hauptsaison, wie wir ja schon zur Genüge festgestellt hatten. Einerseits toll auch in dieser Jahreszeit die Wunder der friese Meren genießen zu können, andererseits sind wir eben nicht alleine. 

Auch an diesem Wochenende war es voll, voller, am allervollsten. Die Sneekweek begann und die große Skutjes-Regatta auf dem Heeger Meer. Wir steuerten zielsicher über das Heeger Meer raus und dann über das Gaastermeer in den Kanal, der zu den Oudegaster Brekken führt. Aufgrund der dort vorherrschenden Untiefen war es relativ leer. Wir suchten und fanden die eine Marrekrite, die unser Tiefgang erlaubte und ergatterten einen Platz. An dem wir einfach blieben. Die Ruhe genossen, lasen, sonnten und im Falle des Captain bastelten. Was Männer auf Booten eben so tun. Umso größer der Kulturschock, als wir Sonntag aus den Brekken rausfuhren und uns im Hochsommer-Sonntags-Betrieb wiederfanden. Alles, was schwimmen kann, war auf dem Wasser. Kamener Kreuz ist ein Schiss dagegen. Bilder davon gibt es keine, keine Zeit zu knipsen. Glücklich zurück im Hafen lernten wir dann auch unsere anderen Stegnachbarn kennen, die sich bis dato auf einem längeren Segeltrip befunden hatten. Sehr nett, auch aus dem Pott, passt. Sehr schön. 

Marrekrite in den Oudegaaster brekken

Das Kuh-Orakel - wenn sie liegen, gibt es Regen
Das Kuh-Orakel: Wenn sie liegen, gibt es Regen* ! 


Was man bei Windstärke 7 so tut  Gemeinsam standen wir dann auch das letzte Wochenende durch. Wobei unsere Standfestigkeit derbe geprüft wurde. Es hatte nämlich dezente 6 - 7 Windstärken, kurz vor Orkan. Im Amsterdamer Hafenbecken tobte sogar ein Tornado. Dementsprechend sind wir und auch sonst niemand genau keinen Meter gefahren. Aber egal. Es war trotzdem schön. Wir bereiteten schon ein wenig den Urlaub vor, bevorrateten uns getränketechnisch für den Rest der Saison, genossen ein bißchen Sonne und lekker Essen. 
Zu gucken gab es genug, zu quatschen und zu basteln auch.


Wenn man genau hinguckt: Ich hab einen Blitz fotografiert. jaha !
 Am Samstag gönnten wir uns einen Trip nach Harlingen. 2016 begannen wir dort unseren Urlaub und waren aus mehreren Gründen nicht so recht überzeugt von diesem Ort. Diesmal fanden wir es aber total schön dort, wahrscheinlich weil unsere Erwartungen runtergeschraubt waren. Und - weil wir Brunnen Nr. 6 unserer Besichtigungsliste zufügen konnten. Noch 5 ... die schaffen wir auch noch. Ist ja jetzt unsere zweite Heimat! Mit dem wiedergewonnenen "Going on to rule the world" Gefühl !   
  
De Walvis - Elf-Brunnen-Tour in Friesland
De Walvis - Elf-Brunnen-Tour in Friesland 

Harlingen Hafen binnen und Veerhaven

* Das stimmt übrigens wirklich. Wenn Kühe liegen, naht Regen. Sie tun das, um sich wenigstens einen Flecken trockenen Grases zu bewahren, weil sie nasses nicht verdauen können. Und auch wenn der Captain meine Aussage lustig fand: Kühe sind Vegetarier. In Echt ! Bittegerne Ihre Autorin mit bäuerlichen Wurzeln .