Sonntag, 1. Oktober 2017

Stürmische Zeiten

En Jammer met het weer


Bei strömenden Regen verließen wir das gastliche und schöne Dokkum pünktlich mit der ersten Brückenöffnung nach der  Mittagspause und gerieten prompt in einen Konvoi Arbeitsschiffe. Nicht ganz Firma Immergrün, aber nun ja fast. Wir hatten beschlossen, keinen Kreis zu schließen, sondern auf bekanntem Wege zurückzufahren. Die Lits-Lauwersmeer Route hatte uns einfach zu sehr beeindruckt, Stande Mast Route und Leuuwarden würden wir ein anderes Mal machen. Dieses Mal hatten wir unsere Limanda, die größenmäßig passte, das wollten wir ausnutzen. Und außérdem wollten wir auch unbedingt einmal auf dieser Route übernachten. Was wir auch taten. Wenn auch bei Wind und Regen. Einen Großteil der Lits konnten wir aber trocken und sogar wiederum sonnig zurücklegen. Ebenfalls einen richtig schönen Sonnentag hatten wir dann noch in den alde Feanen, die wir diesmal einfach so für Spaß kreuz und quer durchgondelten. mal hier einen Kanal rein, gucken, was da kommt, dann wieder dort und so weiter. Um letzten Endes einen traumhaften Übernachtungsplatz zu haben und ein überraschend sonniges Wochenende. Am Sonntag frischte es dann aber bereits arg auf, unser Plan mitten im Pikmar zu übernachten war somit eher semi klug. Aber nun. Am Steg half uns ein kauziger, aber netter holländischer Seebär und der Ruhebewahrer legt eh gerne Leinen. Vorderspring, Achterspring, Fender umhängen, da wird geknotet, was die Finger hergeben. Und am nächsten Morgen - genau. Firma Immergrün.






Stürmische Überfahrt 


Montag morgen regnete es, aber es war noch mäßig stürmisch. Wir fuhren nach Grou rüber und gondelten ein wenig an der Kade rum. Es war wenig los und irgendwie hatten wir keine Lust, dort zu bleiben. Wären wir mal. Denn alles, was dann kam, war nicht aus der Abteilung lustige Urlaubs-Anekdote. Aber nein - wir machten uns auf Richtung Sneeker Meer. Auf dem Princess-Margriet-Kanal war viel los, viel Berufsschifffahrt. Die hatten wohl auch alle den Buienradar studiert und wollten noch vor dem großen Sturm soweit wie möglich kommen. Wir hatten beschlossen, an dem Tag bis zum Marrekrite Naturhafen vor der Jouster-Sluis zu fahren, am nächsten Tag dann gemütlich nach Joure zu gondeln und dort im geschützten Passantenhaven den Sturmtag zu verbringen. Der Plan war gut, allein die Durchführung erwies sich als schwierig, denn

Wenn die Technik versagt - das Bugstrahlruder fällt aus     


Zunächst aber schaukelten wir übers Sneeker Meer. Anders kann man es nicht sagen, der Buienradar vermeldete Windstärke 6 und die Wellen, die wir uns mit unserer Limanda kreuzen mussten, waren nicht ohne. Wir konnten nur hoffen, dass die Limanda das tun würde, was sie tun soll. So als Stahlverdränger. Tat sie auch, aber mit Mühe. Schnell sahen wir ein, dass wir den direkten üblichen Weg nach Joure nicht nehmen konnten, quer über das Sneeker Meer kamen wir gegen die Wellen nicht an. Den Versuch gaben wir sehr schnell auf, zumal es an solchen Tagen wohl unklug ist, aus der Betonnung rauszugehen. Wir mussten also in der Betonnung/ PM-Kanal bleiben und fuhren dann den Umweg über die auch schon bei geringerer Windstärke schnell kabbelnden Langwerder Wielen. Aber immer betonnt. War schon aufregend und spannend. Aber machbar. Als wir dann aber unseren Zielort erreichten, wurde es brenzlig.

Der Naturhafen bot zwar viel Platz, außer einem einzigen anderen Boot und - tada - Firma Immergrün, die dort bei strömenden Regen Gras mähten, war keiner da. Was nur leider auch mitten im ohnehin schon schwierigen Anlegemanöver nicht mehr da war:  unser Bugstrahlruder. Das meinte ganz gepflegt, es hinter sich zu haben. Macht viel Spaß, wenn das mitten im Manöver passiert und man von einer Windböe erfasst wird. Nur gut, dass der Ruhebewahrer eh meistens ohne Bugstrahl anlegt, nur bei dem Wind wäre es schon wichtig gewesen. An dieser Stelle klopfe ich mir mal selbst auf die Schulter, dass ich letztes Jahr die Idee zu dem anstrengenden Skipper-Training hatte. Ein ganz heißer Dank nochmal und noch ein Jahr später an unseren tollen Skippertrainer Eemke, der genau das mit uns geübt hatte. Wir überließen also dem Wind die Entscheidung, wo wir anlegen würden und es klappte auch noch ganz gut. Auch wenn ich mit Seil in der Hand weiter springen musste, als ich es gerne tue. Und das auf dem rutschigen frisch gemähten Gras. Aber es ging. Die Aktion machte dann einmal mehr deutlich, warum wir uns auf jeden Fall für eine Stahlyacht entscheiden werden, wenn es denn mal so weit ist.  Denn - Stahl gewinnt eben immer. Mit anderen Worten: Uns wäre wohl nichts passiert. Auf einem Stahlschiff ist man auch bei solchen Aktionen sicher. Nur der Steg - der hätte wohl verloren. Und sowas  braucht man ja dann auch nicht während eines Urlaubs. Von daher: uff. Puh.

Wir riefen dann bei Wetterwilles an, schilderten die Situation und auch, dass wir eh nach Joure wollten. Es wurde dann entschieden, dass wir am nächsten Tag met zonder Bugstrahl nach Joure fahren sollen und sie dann einen Techniker schicken. Am selben Tag war unmöglich, denn wir waren mitten auf dem Wasser und somit nur per Boot erreichbar, welches ganz bestimmt an diesem Tag, der auch locker mit Windstärke 7 endete, nicht mehr rausfahren würde.  Der Captain meinte, das würden wir im Jourer Hafen hinkriegen. Das hätten wir ja schließlich ergiebig mit Eemke geübt. Mulmig war mir trotzdem  Der Schreck des stürmischen Manövers mit ausgefallener Technik saß mir noch in den Knochen .Immerhin - die Nacht verlief nach der ganzen Aufregung relativ ruhig, da war uns der Wecker in Gestalt der - jaha, tada, auch bei Wind und Regen unermüdlichen Firma Immergrün schon fast wumpe .




Da wir nunmehr darauf eingestellt waren und der Captain auch genug Zeit hatte, zu überlegen, wie wir die Manöver angehen würden, kriegten wir es dann auch gut hin mit ab- und anlegen. Auch in Joure trotz Wind und trotz enger Boxen. Zwar in Zeitlupe. Aber lehrbuchmäßig. Sogar mein Seil hab ich um den Poller gelegt gekriegt beim Anlegen. Unter strenger Beobachtung der sich bereits im Hafen befindenden Skipper. Geholfen hat da keiner. Obwohl ersichtlich gewesen sein muss, dass uns ein Teil der Technik fehlte. Niemand legte in Joure ohne Bugstrahl- oder Heckstrahlruder an bei diesem Wind. Nur wir. Tjanun. "Die kamen sicher alle aus Greetsiel" Wie wir später gewahr kriegten, waren es tatsächlich alles Deutsche zu diesem Zeitpunkt im Hafen. Geholfen haben den ganzen Urlaub lang nur Holländer. Außer uns habe ich keinen einzigen Deutschen erlebt - den ganzen Urlaub über - der diese eigentlich übliche selbstverständliche seemannschaftliche Hilfe geleistet hätte. Wir dankten im Stillen nochmal Eemke und ich bleibe dabei - ich kann nicht verstehen, wie Leute aufs Wasser gehen, die kaum oder nur ganz wenig Ahnung haben. Aber nun - es soll auch Urlauber gegeben haben, die die ganze stürmische Woche im Heimathafen des Charterbetriebs verbrachten. Kein Witz.

Solange es die Enten nicht vom Steg weht, ist kein Sturm


In Joure kam dann ein Techniker von Wetterwille, baute einen neuen Schalter und noch irgendein Ersatzteil ein, bestätigte die Sturmwarnung für den nächsten Tag und wir blieben in der schönen, uns schon bekannten Stadt. Am Mittwoch war dann tatsächlich richtig, richtig Sturm. Der Buienradar meldete Orkan und gab schon gar keine Windstärke mehr an. Die gesamte Schifffahrt in Nordholland war eingestellt, auch die Binnenschifffahrt. Die Brücken waren geschlossen, auch die kleine fast schon denkmalgeschützte Schleuse von Joure blieb zu. Wir waren also lost in Joure. Machte aber nichts. Wir hatten es nett trotz Sturm. Joure hat ja genug Restaurants, Cafes, Museen und Geschäfte, in denen man ganz prima mehr als einen Tag verbringen kann. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Der Hafen ist schon sehr geschützt, so sehr viel haben wir nicht mitgekriegt. Das Boot war perfekt angelegt und vertäut. Obwohl wir später hörten, dass gerade in der Gegend rund um Joure reichlich Sturmschäden zu vermelden waren.  Da war es am Montag mit dem ausgefallenen Bugstrahlruder und Windstärke 6 aufregender als mit Windstärke 8 im geschützten Grienedijk von Joure. Aber es war immerhin so stürmisch, dass selbst die großen Plattbodenschiffe sich deutlich in ihren Seilen bewegten. Das hatte ich so bisher noch nie gesehen. Aber immerhin - unsere Kastanien kullerten uns ganz ohne weitere Mühe vor die Füße. 





Am Donnerstag wurde es dann leider nicht sehr viel besser. Wir fuhren aus Joure ab. sobald die Schleuse wieder frei war, bekamen einen sensationell schönen Regenbogen zum Abschied und ließen uns Zeit mit der Rückkehr zur Wetterwille-Basis. So stürmisch und wellig wie am Montag war es zwar nicht mehr am Sneeker Meer, aber schön geht trotzdem anders. Alles in allem war ich erleichtert, als wir die Limanda unversehrt zurückgeben konnten und genoß das abendliche sehr feine Dinner im Terherner goldenen Löwen umso mehr.



A very great adventure


Auf dem Schiff neben uns im Heimathafen war ein Ehepaar aus Vancouver mit ihren holländischen Freunden. Die Dame aus Kanada fasste die Woche folgendermaßen zusammen: It was a very great adventure. Dem ist wohl nichts mehr hinzufügen. Und wenn es schon eine Vancouverin sagt, dann war es das wohl wirklich. A very great adventure. But a great pleasure. Und jederzeit gerne wieder.

Weitere Bilder im G+Album Stürmische Zeiten

und mehr über Joure im zwei Jahre alten Post Sneekermeer-Joure