Samstag, 30. September 2017

Dokkum - DIE Entdeckung unseres Urlaubs

Es gibt sie noch, die guten alten Dinge. Hier: das Klompengeld 


Nach einer Nacht, in der mir der full Moon over Lauwersoog nicht den Weg zur Weisheit leuchtete, aber Schlaf raubte, schipperten wir mit leicht vernebelter Sicht zurück zum Ort der Heldentaten, der Schleuse und folgten dann tatsächlich den Schildern nach Dokkum. Im Weg standen uns ziemlich viele bewegliche Brücken, so dass wir nicht ganz so schnell vorwärts kamen wie gedacht. Alleine in Dokkum sind es drei, zwischen denen der Brückenwärter hin- und herradelt und dann an der letzten Brücke seinen Klompen baumeln lässt, um das Brückengeld zu angeln



Wenn man da gerade nicht einen Konvoi erwischt, kann man schon mal länger rumdümpeln. Aber der erste Blick auf Dokkum war schon sehr beeindruckend. Und knackevoll war es dort allüberall. Wir fuhren erstmal durch und legten außerhalb bei Marrekrite an. In der Nähe einer Brücke, die über den Jordaan führte. Vor uns ein kleines Kleinst-Dorf mit mächtiger Kirche, irgendwo vor uns Barthlehem, das friesische Paris-Texas sozusagen ( Barthlehem heißt Bethlehem auf friesisch ) und irgendwo ist da auch noch Nazareth, welches allerdings wohl an keinem Gewässer liegt, sondern in der friesischen Gras-Wüste, denn auf der Wasserkarte war es nicht verzeichnet. Aber dass es da ist, weiß ich aus einem Maarten t'Hart Buch, denn jetzt waren wir wohl in Maarten t'hart Land, dem streng calvinistischen Teil der Niederlande. Aber freundlich waren sie überall. Und feiern können sie auch. Denn in Dokkum waren


Admiraliteitsdagen 

was dann auch die starke Besucher-Frequenz erklärt. Nach einer feuchten, aber frohgemuten Nacht und einem ebensolchen Morgen bei Marrekrites starteten wir direkt nach Brückenöffnungszeit um neun wieder Richtung Dokkum. So war der Plan. Früh dort einlaufen und einen Platz ergattern von denen, die das reizende Städtchen mit der ersten offenen Brücke verlassen. Und der Plan funktionierte. Wir ergatterten einen gar wundervollen Anlegeplatz im alten Hellinghafen kurz vor dem Festungsgraben mit Blick auf die zwei Mühlen und in zum Glück netter holländischer Nachbarschaft. Mehr deutsche Muffels hätte ich auch nicht ertragen nach Hägar, dem Schrecklichen aus Greetsiel. Großspurige Muffköppe beobachteten wir dann lieber beim späteren Aperol-Spritz-Manöver dabei, wie sie den armen Hafenmeister in erregte Diskussionen verwickelten, weil sie nicht einsahen, dass sie ihren Platz räumen sollten für das Fahrgastschiff, welches derweil im Hafenbecken geduldig seine Kreise drehte und alle gepflegt eindieselte. Man lag da doch gerade so exponiert, was interessiert das die Besatzung der großen Charterpötte, dass sie am Steiger der Fahrgastschiffe liegen. Mann, Mann, Mann




Aber davon ab, war Dokkum ganz und gar großartig. Wir verliebten uns so spontan in dieses Städtchen, dass wir direkt beschlossen, noch einen Tag Ruhepause mehr dort zu verbringen. Als wir ankamen, war Wochenmarkt, direkt die perfekte Gelegenheit, die schon ziemlich zur Neige gegangenen frischen Vorräte aufzustocken. Dokkum war früher einmal ein prosperierender Nordseehafen, mit eigenem Admiralshafen - daher der Name der Festlichkeiten - , der dann allerdings mit Beginn der Zuiderzee-Versandung zum Binnenhafen wurde. Übrig geblieben ist eine komplett und perfekt restaurierte mittelalterliche Stadt, die vom Tourismus - nicht nur vom Boots-Tourismus lebt. Der heilige Bonifatius hauchte dort sein Leben aus, man kann es in der grote Kerk bewundern. Die Stadt hat hübsche Geschäfte, schöne Gassen und blumengeschmückte Grachten, in denen die Aktivitäten der Admiraliteitsdagen stattfanden. Wir genossen unsere Ruhetage dort aus vollen Herzen und bei noch recht schönem Wetter und kommen auf jeden Fall wieder.




Tauziehen auf holländisch 




En Jammer met het weer 


Am Freitag brachen wir dort auf, leider bei strömendem Regen. In den Duschräumen lernte ich eine selbsternannte Schrubber-Lilly kennen ( die gute Frau nahm den bereit stehenden Schrubber zum Rausflitschen des Wasser mit unter die Dusche und schrubbte während ihres gesamten Duschvorgangs unermüdlich vor sich hin. ?????? ) , die es zusammenfasste: "Heerlijk Douchje, ne? maar en Jammer met het weer for de dagen" Ja, tatsächlich. En Jammer. Aber es würde noch viel jammervoller kommen. Der Blick auf den Buienradar verhieß nichts Gutes.

Mehr Fotos im G+ Album Dokkum

Donnerstag, 28. September 2017

Einmal Nordsee und zurück

der gelebte Traum - Woche eins Bootsurlaub 2017 

Von Friesland bis zum Lauwersmeer/Waddenzee -einmal Nordsee und zurück 

Aufregend war es dieses Jahr. Für meinen Geschmack vielleicht auch ein kleines bißchen zu aufregend. Aber bitte - wir sind ja keine Schönwetter-Bootsmenschen. Muss man ja alles mal mitgemacht haben. Der Start in den Bootsurlaub kam noch relativ harmlos daher. Wir übernahmen am Freitag bei den wie immer perfekt vorbereiteten Wetterwilles in Terherne "unsere" Limanda, starteten erstmal in Ruhe die Aktion "Rückereroberung der alten Dame" und begnügten/vergnügten uns am ersten Abend an Bord mit ausgiebigem Hafenkino. Kegelclubs, junge Familien mit Babys, Spanier mit Wasserfetisch - es rüstete mal wieder alles zum Aufbruch, was man sich denken kann und von dem man sich erst recht nicht denken kann, wie es auf dem Wasser wohl besteht.

De Winpel zijn klaar

De Winpel zijn klaar 


Den ersten Tag nutzten wir zum gemütlichen Eingondeln auf dem Sneekermeer. Erstmal gucken, was es alles so Neues gibt und vor allem den Schwager/Schwägerinnen-Törn Gedächtnisweg nochmal abfahren. Wir wollen uns ja schließlich auskennen.


Am Sonntag dann brachen wir so "richtig" auf. Die Nordsee war unser entferntes Ziel, meine Nordsee. Naja, ok. Natürlich wollten wir nicht auf die Nordsee, aber wenigstens bis dahin. Geplante Route zunächst: Über das Pikmar in das Naturschutzgebiet Alde Feanen - Lits-Lauwersmeer-Route - Lauwersoog. Der Wettergott war mit uns, die Sonne schien, es war viel los. Erste Übernachtung kurz hinter der "Immer-noch-Idylle-te-koop" an einer kleinen Insel mit tollem Ausblick auf regen Schiffsverkehr an diesem schönen Tag. Nur unterbrochen von sich leicht selbst überschätzenden Charterfahrern, die trotz heulender Bug-und Heckstrahlruder einfach kein Anlegemanöver hinkriegen, ohne das Charterboot gepflegt an die Stege zu dongen. Mein Verständnis dafür: Null. Wenn ich kein Boot fahren kann, dann lass ich es. Und Punkt. (Wie diese Spezialisten die Stürme der folgenden Woche gemeistert haben - man will es gar nicht wissen.)


Die Lits-Lauwersmeer-Route 

Im Zauberwald der alde Feanen übernahm Firma Immergrün das Wecken. Die sprechen sich doch mit ihren Kollegen im Pott ab. Anders kann ich es mir nicht erklären. Einsame Insel, Outback, himmlische Ruhe - wer landet an? Richtig. Die Immergrünen. Aber gut - es ist nach wie vor unfassbar großartig, was die Marrekrite so leistet und ich bin immer noch für wenig so dankbar wie dafür.



Über das Burgumer Meer (ganz ok, aber so toll, wie alle sagen? Äh, nö) befuhren wir dann den Fluss Lits, der uns zum Lauwersmeer führen würde. Die Lits-Lauwersmeer-Route ist erst seit wenigen Jahren offen und aufgrund vieler unbeweglicher Brücken nur mit Booten von einer Gesamthöhe bis maximal 2,90 befahrbar. Was aber anscheinend auch nicht jeder weiß, der frohgemut diese Route einschlägt. Wasserkarten lesen können ist klar von Vorteil. Diese Spezialisten konnten dann üben. Wenden auf kleinstem Raum, drehen auf dem Teller, wie der Bootsmann sagt. Wir aber konnten uns klein machen, Mast umlegen, Equipment auf dem Achterdeck und man selber ebenso, denn das Wetter gab es her, dass der/die (Bolle) Maat schön nach vorne auf den Bug konnte während der gemächlichen Lits-Fahrt. Diese Route ist unfassbar und unglaublich wunderschön, es ist, als ob man durch ein Zauberland fährt. Die Weite Frieslands wechselt sich ab mit baumbestandenen Ufern, so dass man zwischenzeitlich das Gefühl hat, mit dem Boot durch eine Allee zu gleiten. Es gibt zahlreiche Marrekriten, eine schöner als die andere. Ich bin mir ziemlich sicher, dies muss das Broederland sein, in dem der verehrte niederländische Musiker und Schriftsteller  Auke Hulst sich erinnert.  Ich konnte gar nicht aufhören, zu gucken und zu staunen. Nur widerwillig übernahm ich ab und an das Ruder, damit auch der Ruhebewahrer mal nach vorne konnte, um das Wunderland ergiebig zu bestaunen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich genau das für den Rest des Urlaubs tun wollen: Die Lits rauf, die Lits wieder runter und jede Nacht an einer der wunderfeinen Marrekriten.




Heldin der Schleuse 

Es ging aber nicht nach mir. Nach knapp zwei glücklichen Stunden auf der Lits war feddich mit schönschreiben und wir waren in den Dokkumer Nieuwe Zijlen, dem Wasserweg, den ich vorab in zig Filmchen in diesem Internetz erkundet hatte. Backbord tauchte ein Schild auf "Dokkum", Steuerbord eins, welches nach Lauwersoog wies. "Dokkum ist bestimmt ganz, ganz schön" versuchte ich schmeichelnd dem Gatten eine Planänderung schmackhaft zu machen, aber et half allet nüscht. Der Captain sprach ein Machtwort und steuerte zielbewusst die mächtige Schleuse an, die uns vom gelobten Meer trennte. Alexander bei Wetterwilles hatte noch frohgemut gemeint, dass die Schleusen zwischen Lauwersmeer und Friesland eigentlich offen stünden, aber nada. Sluis staat niet open und nach kurzem, nicht ganz so abgeklärtem Wartemanöver fuhren wir dann in dieses Ding ein.



Das war genau das, wovor ich immer richtig Schiss hatte. Zu zweit schleusen. Der Captain wusste vorher auch nur theoretisch, wie es geht und ich war früher mit meiner Segler-Clique zwar öfter dabei, aber damals mit sechs Mann an Bord bestand meine Aufgabe immer nur darin, gut auszusehen und nicht im Wege zu stehen. Das konnte ich. Aber nun - alleine die Seile legen und ziehen. Ganz toll. Aber - zugegebenermaßen sah die Willem-Lore-Sluis, so heißt das Bauwerk, beeindruckender aus, als sie war. Bis die Tore zugingen und wir - im übrigen - ganz alleine in der riesigen Kammer waren, war ich schon wieder ruhiger. Das Seil lag richtig und der Ausgleich des Wasserstandes erfolgte so gemächlich, dass man es kaum spürte. Geschweige denn sah. Das Mächtigste an dieser Schleuse ist wohl die große Brücke, die zeitgleich gehoben werden muss, aber das musste sie für die niedrige Limanda nicht einmal. Was allerdings wohl zu einer ziemlich beeindruckenden Geräuschkulisse führte, weil über uns LKW und PKW donnerten, während wir in der Kammer schaukelten. Aber nun - alles ging gut. Und ehe wir uns versahen, waren wir auf dem Lauwersmeer. Und nein - wir haben kein Bild von uns in der Schleuse. Aus Gründen. Genauso wie es kaum welche vom Sturm gibt. Aus denselben Gründen. Vier Hände sind einfach wenig auf einem Boot. Aber meinen WA-Status habe ich noch am selben Tag geändert. Auf "Heldin der Schleuse". Und da bleibt er auch erstmal. Man muss auch mal auf sich selber stolz sein dürfen.

Zee => =< Meer


Das Lauwersmeer also. Ebenfalls ganz schön, bißchen kabbelig bereits und derart eigenwillig betonnt, dass wir gar nicht so viel sagen können zu der sagenumwobenen Naturschönheit, denn wir waren vollauf mit Steuern ( der Mann ) und Navigieren (ich) beschäftigt. Schließlich aber tauchte die große Schleuse zur Nordsee (die wir ja leider, leider räusper nicht befahren durften)  und das Sturmwehr, welches sehr an meine heiß geliebten Delta-Werke in Zeeland erinnert, vor uns auf. Lauwersoog, das nördlichste Tor zur Nordsee in NL. Von dort gehen die Fähren zur Insel Schiermonikoog und wir hätten also durchaus einen Nordsee-Strandtag machen können. Machten wir aber nicht - denn 1. frischte das Wetter bereits an diesem Tag eindrücklich auf und wir wollten nicht riskieren, die Rücktour bei richtig schlechtem Wetter zu machen und 2. war der Yachthafen in Lauwersoog zwar sehr gepflegt, der Hafenmeister sehr nett, aber idyllisch geht anders und nachdem  Hägar, der Schreckliche aus Greetsiel uns aus seiner popeligen Joghurtschüssel heraus meinte, den King of Kotelett in Holland geben zu müssen, sehnten wir uns bereits wieder nach tröstlicher Zweisamkeit bei Marrekrites. ( Das mit Hägar erzähl ich vielleicht noch oder auch nicht. Klüger ist es wahrscheinlich, dem weiter keine Bühne zu geben. Aber Greetsiel muss leider jetzt damit leben, dank diesem Muffkopp bei uns das Synonym für gar nicht mal so nett geworden zu sein. Den ganzen Urlaub über hieß es "Der kommt bestimmt aus Greetsiel", wenn sich jemand daneben benahm. Und das tut mir leid für das bestimmt schöne Örtchen und die freundlichen Greetsieler, die es bestimmt auch gibt. Aber ich bin es nicht schuld)  Immerhin - wir schnupperten Nordseehafenatmosphäre, aßen feines Leckerbekje ( Fisch des Tages ) und machten immerhin ein Foto, welches all meine Sehnsüchte perfekt zusammenfasst.





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