Mittwoch, 6. Juli 2022

Allein an Bord

Kaffeepause - allein an Bord 
Da bin ich wieder. Back home. Back in the famous Ruhrpott. Sitze am Schreibtisch, Kaffee 3.0. vor mir, der Blick aus dem Fenster zeigt - nicht wirklich viel. Whisteria Lane ausnahmsweise mal in Ruhe. 

Hach. Das war einwandfrei vor einer Woche noch netter. Oben an Deck, Kaffee 3.0. mit Blick auf - den Hafen, die Boote, Wasser, sich zankende Enten, Blesshühner, Möwen. Ab und an fährt ein Boot raus, ab und an kommt eins rein, Aufregung, wenn der Hafenmeister schon am frühen Morgen Frauen abschleppt ;)  Hafenkino eben. 


Hafenkino

Ich war fast 4 Wochen auf dem Boot, davon zweimal eine Woche Projekt allein an Bord. Fazit: Projekt gelungen. Wird wiederholt. Bzw. wurde bereits wiederholt, denn eigentlich war nur eine Woche allein angedacht. Aber wo ich mich doch so wohl fühlte, es zuhause drückend und schwül und an Bord so erfrischend war, bin ich kurzerhand noch eine Woche länger geblieben. 
Hashtag weil ich es kann. 

Vor allem die nicht so maritim angehauchten aus meinem Kreis waren irritiert. "Langweilst Du Dich nicht so alleine den ganzen Tag auf dem Boot?" und "Hast Du keine Angst alleine an Bord?"  - das die Fragen, die mich dazu erreichten. 

Die Antwort ist schlicht "Nein" auf beide Fragen. Nein, ich habe mich nicht gelangweilt. Was vor allem daran liegt, dass ich mich nie mit mir selbst langweile. Ich habe das an Bord gemacht, was ich zuhause auch mache. Bloggen, instagrammen, schreiben, fahrradfahren und ab und an ein bißchen putzen. Wobei - wenn ich an Bord bin, überzeugt mich vor allem bei letztem Punkt das Prinzip Tiny House immer sehr. Mir fehlt da nichts von dem Komfort daheim. Ich gebe allerdings zu, wenn ich daheim bin, genieße ich den Komfort. 


Boat-Office 


Und nein, ich habe keine Angst allein an Bord. Denn ich bin zwar alleine an Bord, aber bei weitem nicht alleine im Hafen. Für alle, die sich unter Leben in einem Hafen nicht viel vorstellen können, erkläre ich es mit einem Vergleich. Es ist letzten Endes nicht anders als wenn ich auf einem Campingplatz wäre. Unser Hafen ist kein Stadthafen, kein reiner Passantenhafen, es ist ein privat geführter Yachthafen. 





Hier liegen nur privat genutzte Boote. Segelboote, Motorboote. Von kleineren Booten, deren Besitzer nur für Tagesausflüge kommen bis zu größeren, auf denen man gut eine längere Zeit verbringen kann. Alle haben einen festen Liegeplatz, man könnte quasi sagen, wir sind Dauercamper. Unsere Wege zu den Plätzen sind Stege und Kanäle. das ist der einzige Unterschied zu einem Campingplatz (wobei unser Hafen auch Wo-Mo-Plätze bietet) . Es gibt ein Hafenmeisterbüro, drei große Werft-Hallen, eine Tankstelle, eine Kran-Station. Es gibt ein großes Sanitärgebäude, es gibt Bänke und Sitzplätze auf dem ganzen Gelände, es gibt ein Restaurant. Mit anderen Worten: Es ist mal leerer, mal voller. Aber es ist immer was los. Ich bin zwar allein an Bord, aber nicht allein im Hafen. Man kennt sich untereinander, hilft sich gegenseitig, irgendeiner ist immer da, irgendwo bleibt man immer stehen für ein Schwätzchen. Alles ganz unaufgeregt und kameradschaftlich. 




Ich gebe zu, zwischendurch habe ich auch mal gedacht: Schön hier, aber jetzt ist auch gut mit allein an Bord. Aber - ich bin sicher, wenn der Captain da gewesen wäre, hätte ich das nicht gedacht. An sich fehlt mir auf der Aquamarijn nichts. 


Ich mag das Leben dort einfach. Auch wenn ich "nur" im Hafen bin und nicht mit dem Boot unterwegs, Ich mag es, an Deck zu sitzen und das Hafenleben zu beobachten. Ich mag es, morgens mit den anderen im Hafen ein fröhliches Goedemorgen auszutauschen, ich mag die kühle Brise, das beruhigende Schaukeln und in den letzten Wochen liebte ich besonders die langen, weißen Nächte. Ich mochte die Fahrradtouren, auf denen ich so einiges entdeckte, was einem vom Wasser her dann doch entgeht. Ich plante diese Touren nicht genau, ich ließ mich lieber von Mühle zu Mühle, von Fahrradknotenpunkt zu Fahrradknotenpunkt treiben und genoss die gut ausgebauten Fahrradwege, auf denen es eine ungefährliche Freude ist, voran zu kommen. Es ist so eine schöne Art, anders zu leben. Neue Wege zu gehen. Genau richtig für mich, nach den Jahren voller Wechsel ( ich finde, das ist ein netteres Wort für Wechseljahre..... ) das Leben anders zu gestalten. 



In die kleinen friedlichen Orte voller freundlicher Menschen. Es war auch schlicht schön, sich als Teil des Alltags dort zu fühlen. Mit den entspannten Kassierer-innen im Supermarkt zu plauschen, sich fröhlich mit den hardrock-affinen Werftarbeitern zu grüßen, im kleinen Heeger Warenhuis zu stöbern, sich nachmittags mit anderen Müßiggehern an den See zu setzen. Einfach friedlich vor sich hin zu leben, dankbar zu sein und sich zufrieden zu fühlen.    




Kommentare sind offen. Erfahrungsaustausch wird gerne genommen.
 Fragen werden auch gerne beantwortet.  

Nachtrag: Falls Ihr nach Infos sucht, um einen Fahrradurlaub oder eine Fahrradtour in den Niederlanden zu planen, ich hätte das was für Euch: Einen ausführlichen Post zum Netz der Fietsknopppunte in NL - Radeln nach Zahlen ! 

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