Montag, 23. September 2019

Der erste Urlaub auf eigenem Kiel, Teil 2

Phase zwei: gesellig und getauft !

Halbwegs präsentabel erwarteten wir den angekündigten lieben Besuch. Zum ersten Mal ein paar Tage zu viert auf der Aquamarijn. Wir waren gespannt, wie das sein würde. Das Ergebnis vorab: Es ging prima. Es ist natürlich eng, man räumt ein bißchen öfter von A nach B, es wird schnell rummelig, aber es ging gut. Während des Fahrens sowieso, aber auch das Bootsleben ging prima. Wir sind alle eingefleischte Bootsleute und wissen als solche natürlich, dass man den Luxus der Freiheit mit Einschränkung bei der Bequemlichkeit erkauft.

Das Wetter hatte sich etwas runtergekühlt, ein wenig frische Brise kam auf, es versprach, auch wettertechnisch ein perfektes Wochenende zu werden. Strahlend wie das Wetter begrüßten wir unsere Gäste. Schwager und Schwägerin kannten die Aquamarijn ja schon von der Besichtigung her, waren aber trotzdem gespannt, was sich schon alles verändert hat und vor allem, wie es ist, wenn man datt Marijntje richtig in Beschlag nimmt und nicht nur wie ein Ausstellungsstück ansieht. Sie fanden es wie wir von der ersten bis zur letzten Minute großartig, lobten das Boot und seine Funktionalität und fühlten sich erkennbar wohl. So soll es sein. Direkt nach der Ankunft der Gäste schritten wir bei strahlendem Wetter zum wichtigsten Teil des Besuchs.

Die offizielle Bootstaufe 

Wir hatten hin und her überlegt, wie wir es machen wollten. Nichts schien praktikabel. Eine große Feier in Narnia auszurichten hätte erhebliche logistische Aufwendungen erfordert. Es war mitten in der Saison, als wir das Boot übernahmen, alle, die wir hätten einladen wollen, hatten ihren Sommer geplant und wir hätten sie ja auch irgendwo unterbringen müssen. Was in Heeg gar nicht so einfach ist. Soviele Unterkünfte gibt es nicht und da der Ort in Wassersportkreisen außerordentlich bekannt und beliebt ist, dort dauernd irgendwelche Regatten ausgetragen werden, ist es schier unmöglich, sich mitten in der Saison dort irgendwo für auch nur eine Nacht an einem Sommerwochenende einzubuchen. Bis zum nächsten Jahr zu warten und das von langer Hand zu planen, wollte vor allem ich nicht. Das Boot ist da, es liegt an seinem Platz und uns am Herzen, wir wollten es und das, was es für uns ist, würdigen. Ganz ernst und feierlich. Also lautete der Beschluss: Wir taufen in ganz kleinem Kreis mit Schwager und Schwägerin, denn diese war ja als geübte Bootstäuferin unwiderruflich für diesen Job bestimmt worden - sie nimmt das ernst, sie macht das hingebungsvoll und inbrünstig und weiß genau, warum das gemacht werden muss. Jeder, der uns von nun an besucht, muss vor seinem ersten Schluck an Bord einen Schluck dem Meeresgott übergeben und hat so Anteil an der Zeremonie. Eventuell feiern wir im Winter auch zuhause nochmal eine Bootsparty, um unser Glück zu zelebrieren, aber das wird sich weisen.

Und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel
.....und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel 
Zunächst einmal waren wir aber im Hafen. Mit uns eine große Flasche allerbesten Champagners, den unsere Gäste uns und der Aquamarijn mitgebracht hatten. Meine Schwägerin hatte ein paar schöne Zeilen über den von uns ausgesuchten Namen und seine Bedeutung formuliert und verband diese mit den Wünschen für unser Bootsglück. Ernst sprach sie die Formeln zur Bootstaufe, die entsprechende Schlucke wurden geopfert, die Wünsche wie die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel mit Gesten begleitet und unser Boot war umgetauft nach allen Regeln der Kunst. Endlich.

Glücklich tranken wir die letzten leckeren Schlucke und begaben uns in den Ort. Vorräte auffüllen, Abendessen - diesmal "nur" an der Pommesbude mit angrenzender Hühnermeute und früh in die Koje. Am nächsten Morgen waren wir alle früh auf, voller Tatendrang. Die Männer begaben sich erstmal an unser Dingi-Dings (die eigentlich Davids genannten Gepäckträger, die ein Beiboot - eben das Dingi - tragen.Ich bin übrigens nicht die Einzige, die das Dingi-Dings nennt, jeder im Hafen weiß sofort, was damit gemeint ist), montierten es ab, verschoben im tiefen Inneren des Schiffsbauchs Metallplatten, um das ursprüngliche Gleichgewicht des Bootes wieder herzustellen und dann ging es los auf eine ausgedehnte Tagestour. 

Tschüss Dingi Dings. Wir haben es nun mal so gar nicht mit Beibooten
Übliche Strecke, die wir in diesem Jahr schon ein paarmal gefahren waren. Heeger Meer, um die Inseln herum, Gaastmeer, Oudegaaster Brekken - dort fuhren wir uns zum ersten Mal fast fest, es war echt nur noch die bekannte Handbreit Wasser unterm Kiel, aber beherztes Gas geben, einmal ruckeln und der weiche Untergrund gab uns wieder frei. Zurück mit Pause im jetzt fast leeren Gaastmeer Hafen.


Sinn und Zweck der Übung war, den beiden die nähere Wasser-Umgebung von Narnia näher zu bringen. Sie überlegen stark, es uns im nächsten Jahr gleich zu tun und da muss man ja wissen, was man dafür kriegt. Abends beehrten wir dann die traditionellste, altehrwürdigste, typisch holländische Gaststätte des Ortes und wurden nicht enttäuscht. Unsere Hafennachbarn hatten das empfohlen, sie gehen alle dorthin und nehmen gerne dafür die paar Schritte mehr in Kauf. Auch in unserem Jachthafen ist es wie in vielen anderen. Wir kennen das schon von früher: Es gibt ein hafeneigenes Cafe,Kneipe, Restaurant, aber da sitzen meistens Gäste von außerhalb, die sich gerne mal maritimes Yachthafen Flair ansehen. Die Besitzerin ist nur mittelfreundlich, gerne auch mal unwirsch (bei uns ist das eine Deutsche, muss ich mehr sagen? Schade, dass das so typisch ist). Sie grüßt die Hafenanlieger nur, wenn sie will. Und meistens will sie nicht. Ich nehme an, wir sind ihr nicht schick genug, um bei den Besuchern von außen damit punkten zu können. Jedenfalls - kaum einer von uns geht dahin. Sondern in den Ort zum Traditionsgasthaus. Wo auch viele andere von anderen Jachthäfen sitzen.

Am nächsten Tag legten wir ab für länger. Wir fuhren die Kanalroute rund um Heeg, passierten Woudsend, flirteten mit Lamas ohne Hüte, legten uns an mit einer sturen Gang junger Enten und fuhren die schöne Gracht bis nach Ijlst. Dort gab es Softijs, Kaffee und einen Grachtenrundgang.



Grachten in Ijlst  
Danach begaben wir uns über den Princess-Margriet-Kanal und den Lieblingskanal zum zurückgelegenen Teil der Inselwelt des Sneeker Meeres, in die Goaiingarypster Pollen. Ziemlich voll war es dort bei dem schönen Wetter, aber wir fanden noch einen exponierten Steg, der zur Übernachtung einlud. Es war ein Schwimmsteg, eine Neuheit bei Marrekrite, produzierte bei später aufkommendem starken Wind auch jede Menge im Boot zu hörende Geräusche. Vor der Nacht lag aber erstmal ein gelungener Nachmittag. Die Damen ergaben sich dem süßen Nichtstun, die Männer taten, was Männer auf Booten eben so tun. Arbeiten.

Männer tun, was sie auf Booten eben so tun 

Schwimmsteg Sneeker Meer

Anlegeschluck. Darf nie fehlen. 

Nach getaner Arbeit kredenzte ich an diesem Abend meine neueste Lecker-an Bord-Kreation, die One-Pot-Wok-Chinapfanne. Mit One-Pot-Gerichten experimentiert man von jeher an Bord gerne und eine vernünftige Wok-Pfanne war eine meiner ersten Anschaffungen für das Bootsleben. Zumal man ja in NL auch jede  Menge China-Küchenzutaten an jeder Ecke bekommt und das Ganze sehr variabel ist. Kam auf jeden Fall gut an. Fast genauso gut wie die am Abend aufziehenden Gewitter aus allen Richtungen, die wir ganz gemütlich unter unserem Bimini beobachten konnten. Bis es von einem Moment auf den anderen anfing, wie aus Kübeln zu gießen und zu hageln. Aber jeder wusste, was er zu tun hatte und innerhalb weniger Sekunden war das ganze Boot dicht. Echtes Teamwork. Wie am Schnürchen. Fanden wir alle super.

Am Sonntag ging es dann zurück in den Heimathafen und wir mussten uns schweren Herzens von unseren Gästen verabschieden. Von uns aus hätten sie gerne noch länger da bleiben dürfen. Neben der Geselligkeit war es auch schön, einmal mehr als vier Hände an Bord zu haben. Bei An- und
Und wenn noch soviel gequiekt wird. Der Ruhebewahrer Captain
Ablegemanövern und bei Regen, siehe oben. Sieht man wenigstens auch mal was bei Hafenein-undAusfahrt. Zum Beispiel den neuen Bewohner gegenüber vom Hafen: Den unglaublich verfressenen Alpi, der kaum einmal den Kopf hebt, damit man ihn fotografieren kann. Obwohl er unfassbar süß ist. Der Ruhebewahrer war jedenfalls hart irritiert, als Schwägerin und ich bei Hafenausfahrt orgiastisch quiekten: Oh, guck mal. habt Ihr das gesehen? Nicht die besten Ausrufe bei Hafenmanövern, aber - Alpakas sind ja immer süß, aber dieses ist echt ganz besonders sweet. Vor allem in der Gesellschaft. Eine Kuh, ein Pferd und ein Alpaka. Die Heeger Hafenmusikanten. Ach ja - Manöver! Tanken waren wir auch, das erste mal. Auch da gut, dass wir zu viert waren, Tanken mit Boot fand ich schon immer ätzend. Warum auch immer. 

Die Heeger Hafenmusikanten