Sonntag, 23. September 2018

Mistral im September - Woche 2

Stavoren und sein Vrouwtje 


Nach einer wunderschönen sternenklaren Nacht im Gaastmeer machten wir uns auf nach Stavoren. Einmal hallo Ijsselmeer und vor allem natürlich Hallo Vrouwtje - Hallo Britta sagen. Die Geschichte vom Voruwtje und was sie mit mir zu tun hat, lege ich Euch immer wieder gerne ans Herz. Stavoren empfing uns mit einem Premium-Platz an der kleinen Insel im Gemeentehaven. Kurz vorher hatte dort der Surf-Ausstatter Mistral* eine Vorführung gehabt, die ganze Insel-Kade beschlagnahmt und packte gerade ein. Wie nett. Hatte Mistral der Mistral doch echt einen Traumplatz freigehalten. Geplant verbrachten wir dann einen Ruhetag in Stavoren, aßen alles, was der liebe Gott verboten und der Holländer erfunden hat beim Frietje van Stavoren*, stemmten uns am Deich gegen den Wind, entdeckten Stavorens verborgene Grachten, entgingen dem gefräßigen Buttje-Buttje Brunnen, beobachteten eine talentierte Mädelsgruppe beim Segeltraining, füllten den mit einem wortwörtlich eigenwilligen Lot versehenen Wassertank der Mistral auf und legten bei echt krachtigem Wind wieder ab Richtung sehr von Segeln belebtes Heeger Meer. Fand ich nur so bedingt witzig, weil nicht unbedingt alle Segler sich an Regeln wie "kreuzen nicht in der Fahrrinne" hielten und dazu noch etliche Sloepjes rumschaukelten, deren Besatzungen durchgehend aus "komm, wir mieten mal so'n Schalüppchen, kann doch nicht so schwer sein, was muss da schon wissen" bestand. Und auch wenn Skippertrainer Eemke (den wir übrigens am ersten Tag bei Wetterwilles auch wiedersahen) uns dareinst das Mantra "Stahl gewinnt immer" eingeimpft hatte - man will es ja nicht zwingend drauf ankommen lassen. Nach gar nicht so langer Fahrt wegen Rückenwind übernachteten wir dann auf der Insel. die uns dareinst mit Couch empfing und uns den unvergessenen Möhren-Pflanz-JGA präsentierte. Diesmal lagen wir geschützt im Mini-Hafenbecken, das Highlight waren allerdings diesmal nur im Regen grillende Jungs und ein junges Paar, welches ganz geschickt ihr wirklich kleines Segelboot zu einem veritablen Segel-Zelt umbauten und dort ganz ramontisch übernachteten.

Stavoren und sein Vrouwtje
Wunderschönes Stavoren

Wunderschönes Bolsward 

Nachdem wir uns also vom ordnungsgemäßen Zustand unserer Lieblingsinsel überzeugt hatten, begaben wir uns auf die Workumer Trekvaart, neue Ufer entdecken. Die Hansestadt Bolsward im Landesinneren war unser Ziel. Die Fahrt dahin war so mittel, die kleinen an der Trekvaart gelegenen Orte sind ganz niedlich, der Kanal eher nicht so. Hat was von Verkehrsweg und Ende. Immerhin gingen alle Brücken - und das sind auf dieser Strecke nicht wenige - bemerkenswert zügig auf. Vor Bolsward klappten wir dann alles zusammen, was zusammenklappbar war und schlängelten uns unter der Brücke hindurch, von der wir hofften, dass sie nach Bolsward führt. Tat sie auch und auch die Autobahn musste für uns somit nicht angehalten werden. In Bolsward hatten wir genau so ein Glück wie in Stavoren und ergatterten einen wunderschönen Platz im Villenviertel an der Gasthuissingel. Die sich als genauso gastlich erwies wie ihr Name versprach. Wir hatten kaum angelegt und den Anlegeschluck an den Lippen, da näherte sich uns schon die angenehme Variante des Blockwarts. Begrüßte uns in seiner schönen Heimatstadt, erklärte schnell die besten Wege zu den angepeilten Sehenswürdigkeiten  und verschwand mit dem Satz " Wenn Sie was brauchen oder wissen wollen - ich bin in Nummer eins" wieder in seiner schicken Villa. Das nenne ich doch mal einen Empfang. Wie von Nummer Eins versprochen, ließ sich die Stadt von unserem Platz aus ganz wunderbar erkunden, wir bewunderten das Rathaus, den "nuttigen Vleermaus-Brunnen" , die abgebrannte und holländisch-pragmatisch-schick wiedererbaute Brüderkirche, hatten ein ganz wunderfeines Dinner an der Hauptgracht und kommen sicher nochmal wieder. Allerdings dann doch über die Workumer Trekvaart, denn auf dem Rückweg nahmen wir die landschaftliche schönere Strecke Richtung Ijlst, die auch zugleich ein Teil der Middelseeroute ist, von der wir uns bisher nie so recht entscheiden konnten, ob wir sie mal in Gänze fahren wollen. Unsere Strecke hatte ein Highlight, vor dem unsere bootseigene Schissbux (ich) schon vorher Manschetten hatte. Und womit? Mit Recht. Kurz vor Ijlst hatten wir eine Selbstbedienungsbrücke zu meistern und ich kann Euch sagen: Vor die Wahl gestellt, welche Route nach Bolsward, nehmt nicht die landschaftlich schönere. Das ist vielleicht ein Mist. Drei Poller sind da vor einem Steg, der vielleicht halb so breit wie ein handelsüblicher Turnhallen-Schwebebalken ist. Kann man ganz prima festmachen, vor allem bei ablandigem Wind. Nicht. Irgendwie ist es uns aber gelungen und der Ruhebewahrer balancierte todesmutig bis zum Knopf, den man drücken muss. Wir kamen gut durch, mit uns noch ein anderes Boot, welches ordentlich Gas gab, um von unseren Mühen zu profitieren, denn diese SB-Brücke schließt automatisch. War übrigens ein Boot aus Makkum. Passte, nachdem Tage vorher bereits ein Boot aus Makkum uns sehr unrühmlich während der Wartezeit an einer Brücke überholt hat. Macht man nicht. Ist ein echtes Tabu unter Seeleuten. Ich habe diesen Urlaub somit "Makkum ist das neue Greetsiel" ausgerufen. Da half es auch nichts, dass das Boot, welches dem Agnes-Seil fast zum Opfer gefallen wäre, ebenfalls aus Makkum kam und die Agnesianer schnöde abfertigte. Konnte ich also auch diesen Urlaub wieder nicht nachgucken, ob die Hafenmeisterin aus Makkum mir wirklich so ähnlich sieht..... 

Wunderschönes Bolsward
Wunderschönes Bolsward

Letzte Tage im Outback 

Nach soviel Urbanität musste es dann für die letzten Tage aber ergiebig Outback sein. Nach Bolsward peilten wir den Kanal nach Woudsend an und fanden dort das erhoffte einigermaßen windgeschützte Plätzchen, besuchten noch einmal das Hafenbecken des "Bugstrahlruder gibt seinen  Geist bei Windstärke 8 auf" Grauens und besuchten für eine eine letzte wunderbare, mit einem sensationellen Sonnenuntergang eingeläutete Nacht noch einmal die Marchjepolle, diesmal der Vollständigkeit halber mit einem Anlegeplatz an der anderen Seite mit Blick auf die Mole. Auf der übrigens der Fortuna-Düsseldorf-Fanclub erstaunliche Ausdauer im die-ganze-Nacht-Angeln bewies.  Der letzte Fahrtag bescherte uns dann wunderbarstes Sonnenwetter, welches wir bis zum letzten Moment ausnutzten. Wir schauten nach, ob die Brug noch kapot war (nein), filmten, wie eine Autobahn zum Stehen gebracht wurde, promenierten in Jirnsum beim Bootsbauer unserer Sehnsucht vorbei und kehrten schließlich in den Heimathafen der Mistral zurück. Mit einem vorschriftsmäßigen Anlegemanöver, so dass wir mit reinem Gewissen die Verrenkungen anderer beobachten und ja auch helfend begleiten konnten. 

mit der Mistral auf den Friese Meren
Mit der Mistral auf den friese Meren


Wie immer: Es war toll, es war wunderbar, es könnte immer so sein. Irgendwann wird die Zeit kommen, in der das Wünschen wieder hilft und Sehnsucht nicht immer nur unser Notfall ist. Irgendwann werden wir es haben, unser eigenes Boot und unser eigenes Friese-Meren-Projekt.
 Ach ja, ach. 
*Dies ist weder bezahlte noch unbezahlte Werbung, sondern einfach eine Aufzählung der Tatsachen vollständigskeitshalber. Ich verlinke nicht aus Gründen, befragt die Suchmaschine Eures Vertrauens. 

In diesem Jahr habe ich erstmals ein paar Handy-Videos gemacht von einigermaßen guter Qualität, was aber eher meinem smarten Fon als meinen Fähigkeiten geschuldet ist. Damit die Beiträge lesbar bleiben, werde ich diese separat einstellen. So nach und nach. Denn - Vorfreude ist zwar eine schöne Freude. Nachfreude aber auch.   

FAQs und Antworten rund um alles, was für Bootsurlaub in Stavoren wichtig ist, findet Ihr hier