Montag, 28. September 2015

Exkurs - Bootsurlaub: Ein paar generelle Anmerkungen

Zwischendurch mal ein kleiner Exkurs mit generellen Anmerkungen zu Fragen, die wir uns vorher stellten und auf die wir nun die Antwort kennen.

In den Niederland ist Segel/ Yachtsport nichts Elitäres. Dort ein Boot zu haben und mit diesem in der Gegend rumzuschippern gehört zum Alltag. Die Niederlande verfügen auch über mindestens genauso viele Wasserwege wie über Landwege. Mit einem Boot - und sei es nur eine kleine Segeljolle oder ein motorisiertes Schalüppchen kommt man in wunderschöne Ecken, oft genug auch in Landschaften, wo man nur übers Wasser hinkommt. In den Yacht- oder Stadthäfen kann man maritime Geselligkeit genießen, an den zahlreichen "einfachen" Anlegestellen, die von der Marrekrite ( s. Logbuch  Eintrag vom 25.09.15) den Luxus von Ungestörtheit und Einsamkeit, Eins-Sein mit der Natur genießen. Macht man sich auf in einem größeren Boot, ist das in den Niederlanden einfach nur eine andere Form des so beliebten Campings, nämlich kurz Aqua-Camping.

Aqua Camping in Holland 
Vor allem Friesland, die nördlichste Provinz der Niederlande (Holland ist übrigens auch "nur" eine Provinz der Niederlande und wird einzig im deutschen Sprachgebrauch oft mit dem ganzen Land gleichgesetzt ) hat sich dem Wassersport und auch dem Wasser-Tourismus verschrieben. Es gibt viele Anbieter, bei denen man ein Boot chartern kann. Bis zu einer Länge von 15 Metern und gedrosseltem Motor, der eine Geschwindigkeit von 20 km/h erlaubt (mehr ist auf den Kanälen im Regelfall eh nicht erlaubt) sogar ohne Boots-Führerschein. Der Vercharterer weist dann vor der Fahrt ein und gibt einen Schnellkurs, der reichen soll. Ich persönlich bin da skeptisch und würde echt nicht mit auf ein Boot gehen, wo keiner so richtig Ahnung hat. Wassersportler unter sich sind zwar in der Regel hilfsbereit und helfen auch bei An- und Ablegemanövern - trotzdem. Wir können es uns nicht so recht vorstellen, wie das gehen soll, wenn man kaum bis gar keine Ahnung hat. Wir hatten ein bißchen Ahnung, Bootsführerschein ist vorhanden,  fanden aber trotzdem manche Manöver ganz schön schwierig und ich war durch die Bank weg froh, mit dem Gatten jemanden an meiner Seite zu haben, der wirklich gut Boot fahren kann, sich wirklich gut mit Knoten und Fender-Technik auskennt und weiß, wie man ein Boot fachmännisch festmacht. Es gab trotzdem genug Momente, die man nur unter Hashtag "Jeder blamiert sich, so gut er kann" verbuchen kann. Wind und Wetter in Friesland sind nicht zu unterschätzen. und wir hörten unterwegs auch von genug anderen Bootsurlaubern, dass sie mit soviel kabbeligem Wasser in den friese Meren nicht gerechnet hatten. Das immerhin wusste ich noch aus meinen Mit-Segler-Jahren, wie schnell sich bei Wind in den kleinen Meren Kabbelwasser aufbaut. Und wir sahen unterwegs auch so einige Anlegemanöver, die eher nur so mittel professionell waren und nur durch beherztes Eingreifen anderer sich bereits im Hafen Befindlicher gerettet wurden. Es sieht jedenfalls einfacher aus als es ist. In dem Zusammenhang ein
beliebtes holländisches Sprichwort: Die besten Skipper stehen immer an Land.

Im Passantenhafen Heeg legen auch viele Plattbodenschiffe an 
Ganz klare Empfehlung: Wenigstens einer sollte Ahnung haben und der ist dann auch der Captain, dessen Anweisung Folge geleistet wird. Ohne Wenn und Aber. Um einen holländischen Slogan aufzugreifen: So iss dat en so blijvt dat. Begrijpt dat.  Diese Regel gilt nicht seit jeher ohne Grund. Eine gute Zahl ist sicher, so eine Unternehmung zu viert zu machen. Wenn man es zu zweit machen will - es geht. Aber man sollte nicht unterschätzen, wieviel Arbeit An- und Ablegen ist, die vier vorhandenen Hände werden alle gebraucht. Und zögerlich sollte man auch nicht sein. Wenn man beim Anlegen abspringen kann vom Boot, um festzumachen, dann sollte man das tun. Klappt schon. Komischerweise immer. In manchen Häfen sind allerdings Grundkenntnisse im Lassowerfen auch durchaus von Vorteil.

Wovon der oder die Mitfahrer auch Ahnung haben - oder sich das im Vorfeld aneignen sollte - ist Navigation. Sprich man sollte Wasserkarten lesen können und mit den Infos aus dem Water-Almanach auch etwas anfangen können. Man muss seine Route nicht komplett vorher festlegen, aber ein Tagesplan sollte schon so halbwegs stehen. Sonst landet man nämlich vor geschlossenen Brücken und wartet unter Umständen eine ganze lange Mittagspause des Brückenwarts.

Auch über das Boot, welches man chartert, sollte man sich vorher Gedanken machen. Ein Bugstrahlruder ist nicht nur Luxus, bei den vielen böigen Winden ist das eigentlich in Friesland ein Muss. Ein Stahlschiff ist immer schwerer als ein "modernes" Aluminium-Boot und ein Bugstrahlruder erleichtert den Kampf mit dem Wind ganz ungemein, auch beim An- und Ablegen. Die von mir liebevoll "Friesenfender" getaufte Seereling (ein dickes Tau, welches das Boot umgibt, so wie bei den alten Plattbodenschiffen) ist nicht nur Deko, sondern hat auch ganz praktische Zwecke. Zu bedenken ist weiterhin bei der geplanten Route, welchen Tiefgang das Boot hat, dann welche Höhe ( wegen der Brücken) , nicht alle sind beweglich und manche Routen für Boote mit hohem Aufbau oder Segelboote von daher nicht machbar. Es gibt Boote ab 7 Metern, das würde ich aber auch zu zweit nicht empfehlen. Zum einen ist das Bootsleben dann schon sehr beengt, zum anderen ist man den Elementen dann doch recht ausgeliefert. Wir hatten ein 9 Meter langes Boot und wir fanden diese Länge ganz gut. Entgegen meinen vorherigen Befürchtungen war die Länge gar nicht so schlimm, gut zwei Meter mehr hätten wir auch noch genommen.

Was die Nächte angeht: Außerhalb der Saison (sprich außerhalb der Schulferien NL und NRW ) ist es überhaupt kein Problem, einen freien Platz zu finden. Es sei denn, man wünscht sich einen Premiumplatz in den Hauptkanälen der Städte. Diese Plätze sind eigentlich immer belegt. Aber in den Yachthäfen geht es ganz gut. Es gibt reine Passantenhäfen, die den Durchreisenden vorbehalten sind. Aber auch in den Yachthäfen mit vielen festen Liegeplätzen gibt es immer Passantensteiger. Meist muss man an einem Meldesteiger kurz festmachen und der Hafenmeister weist einen dann ein. In den Passantenhäfen gilt freie Platzwahl, nach dem Motto "Wer zuerst da ist, mahlt zuerst". Man sollte natürlich nicht als 9 Meter Boot einen 15Meter Platz okkupieren, aber ansonsten ist das kein Problem,.Und sollte es mal voll sein - so wie in unserer Lieblings-Marina Hart van Friesland - findet der Hafenmeister sicher trotzdem noch ein lauschiges Plätzchen. Nur manövrieren sollte man dann gut können. Zur Marrekrite habe ich bereits einiges erklärt, auch dort gilt aber an den Stegen, an denen mehrere Boote Platz finden können, aufzuschliessen. Und auch meine Bitte wäre, sich einen entsprechenden Wimpel zu kaufen. Als selbstverständlich sollte man dieses großartiges Angebot ganz sicher nicht nehmen. In der Saison sollte man wohl jedenfalls nicht allzu spät mit der Suche nach einem Übernachtungsplatz beginnen.

Und man sollte sich wirklich gut verstehen, mögen, zu zweit am besten lieben. Man sollte vorher sicher wissen, dass man es schön findet, wenn man so eine Zeit so eng aufeinander hockt und dass man da gut miteinander auskommt. Im besten Fall - so wie bei uns - findet man das beglückend und mag im Anschluss sich gar nicht mehr so gerne aus dieser Zweisamkeit lösen.

4 Kommentare:

  1. Schön, dass du die Hintergründe auch erläuterst! :)

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  2. Total super Bericht, über Vieles macht man sich ja nicht so die Gedanken...!
    Also ich fänd das ehrlich gesagt auch ziemlich verantwortungslos so ohne die geringste Ahnung auf den Rest der Menschheit loszuschippern...! Würde mir im Traum nicht einfallen, anderen Bekloppten aber sicherlich schon...! Da sind die Holländer für meinen Geschmack etwas zu tolerant, kann ja echt ziemlich gefährlich sein und ne Menge passieren...!

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    1. Auf jeden Fall. WIe gesagt, so ganz ohne Vorkenntnisse... Da tut sich bei mir auch mehr als ein Fragezeichen auf. Ich denke nur an unser eines Anlegemanöver letztes Jahr.... ;)


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