Montag, 23. Juli 2018

Auf Tour mit JoPi

Es war ein langer, dunkler Winter. Es wurde ein nicht stattfindender Frühling. Dafür kam im April der Hochsommer mit Macht. In Summe: Sehnsucht ist ein Notfall. Sehnsucht nach dem schönen, hellen, klaren Fryslan, seiner klaren Luft, seinen weiten Blicken, seiner erfrischenden Luft. Und natürlich wie immer dolles Nordseeweh. Kurz entschlossen teilten wir unseren Frühlingsurlaub. Eine Woche fand auf dem Wasser, eine am Wasser statt. Ein Jahr ohne Nordsee ist ein verlorenes Jahr, ist bekannt.  

Hier geht es jetzt um die Woche auf dem Wasser. Unser Reiseziel: Die niederländische Provinz Friesland. Bestens geeignet, Nordseeurlaub und Urlaub auf dem Boot miteinander zu verbinden. Kurz entschlossen buchten wir uns ein feines kleines Motorboot, die Jo-Pi. Diesmal nicht bei unserem Haus-und-Hof Vercharterer Wetterwille, der war nämlich tutto kompletto ausgebucht. Eine Vakanz fanden wir bei Yachtcharter Sneek und bekamen dort sogar den ersten Senioren-Rabatt unseres Lebens.

Vorweggenommen: Yachtcharter Sneek* hat sehr gute Bewertungen und die haben sie auch zu Recht. Wir waren sehr zufrieden und würden dort ebenfalls jederzeit wieder buchen. Wenn wir überhaupt etwas schlechter fanden als bei Wetterwilles, dann den Heimat-Hafen. Der ist bei Yachtcharter Sneek sehr klein, sehr eng und nicht mehr als eine kleine Ecke im Waterboulevard te Ges. Bei Wetterwilles liegt man hingegen in einem richtig großen Hafen mit weitem Blick. Aber sonst - Schiffe alle sehr gepflegt, sehr sauber, der Empfang, die Abwicklung alles sehr freundlich, sehr herzlich. Wirklich prima. Die Einweisung war ausführlich und an uns angepasst. Nachdem klar war, dass wir sowohl den gar nicht verlangten Schein als auch Erfahrung hatten, wurden die Besonderheiten des Bootes erläutert, unsere speziellen Fragen zu Boot und Routen kenntnisreich beantwortet. Für weniger Erfahrene wird auch dort Skippertraining angeboten in allen Variationen, da bekamen wir am Rande mit. Also durchaus zu empfehlen. Verlinken werden ich nicht, dieser von mir immer nett gemeinte Service bewahrheitet seit der DSGVO  die Weisheit "nett ist die kleine Schwester von scheiße". Befragt die Suchmaschine Eures Vertrauens. So sorry.


Mit dem Motorboot durch Friesland Holland


Wir hatten also eine Woche auf der Jo-Pi. Schönes Schiff. Eine Duetvlet mit Außensteuerstand, viel Platz und guter Aufteilung innen. (am geilsten das große Fenster in unserer Kabine, so dass wir auch nachts nicht auf tolle Ausblicke verzichten mussten) Technisch mit (fast) allem, was man so braucht. Ein bißchen Gewöhnungszeit brauchten wir für die fehlende Ruderstandsanzeige. Das war gerade in den ersten Tage bei viel Wind schon ambitioniert. Vor allem in den ganz schmalen Kanälen bei niedriger Geschwindigkeit. Den Außensteuerstand nutzten wir trotz widriger Wetter fast durchgehend. Wir sind ja keine Schönwetter-Bootsfahrer. Einen Tag mussten wir den Innensteuerstand nehmen, das fanden wir relativ unübersichtlich. Aber vielleicht sind wir auch nur ein bißchen zu klein dafür. 

 Die ersten Tage war uns das Wetter nicht sehr gewogen, wir mussten aufgrund Windstärke 8 und instabiler Gewitterlage, die wirklich alles im Angebot hatte, sogar zwei Ruhetage einlegen. Einen davon verbrachten wir bei der wundervollen Marrekrite ( auch hier entfällt der Link, ich verweise neben der Suchmaschine Eures Vertrauens auf meine Labels) am von uns Gewittersteiger getauften Anleger im Vogelschutzgebiet. Komischerweise waren wir schon einige Male, wenn ein Gewitter aufzog, an genau diesem Steiger, da liegt der Name ja nahe. Den anderen verbrachten wir in der kleinsten Stadt der Niederlande, in Sloten. Kannten wir ja schon von unserem ersten Fryslan-Urlaub, war auch beim 2ten mal wieder sehr schön. Und die beste Frituur Hollands tröstet schon so ein kleines bißchen über erzwungene Ruhetage hinweg. Ebenso wie der sehr nette Hafenmeister am Aqua-Camping, der uns einfach so den Schlüssel für die Familiendusche gab. Wir sehen wohl doch gleichermaßen vertrauenswürdig wie verliebt aus. 

"kannten wir schon" - wurde dann auch leider das Motto dieser Woche. Wobei leider relativ zu sehen ist. Fryslan ist überall toll, auch beim zweiten oder dritten oder vierten Mal. Allerdings hatten wir uns für diese Woche eigentlich die wieder geöffnete Middelseeroute vorgenommen, an deren Ende uns die Orte Bolsward und Franeker doch durchaus lockten. Ursprünglich hatten wir Dokkum angedacht und die Wiederholung der Lits-Lauwersmeer-Route, beides mit der geringen Durchfahrtshöhe der Jo-Pi begründet. Doch nach dem ersten "Ruhe"tag bei Windstärke 8 entschieden wir uns um. Die Sicht war ziemlich schlecht an unserem Start-Wochenende und um sowohl die eine als auch die andere Route mit Genuß fahren zu können, wäre schon die volle Woche Fahrzeit knapp gewesen. Aufgrund der Wetterlage fanden wir es dann irgendwie reizlos, enge und unbekannte Gefilde zu erkunden. Also lautete der neue Plan: Wir gondeln einfach so rum, dahin wo wir gerade Lust haben und gucken mal, was es sonst so Neues gibt an bekannten Gefilden. 


Friesland Niederlande Törn Motorboot

War auch schön. Wir waren also wie berichtet in Sloten, von dort aus schaukelten wir mehr als das wir gondelten über das ausgesprochen unruhige Slotermeer nach Woudsend, wo wir doch - getrommelt und gepfiffen, dass wir das noch erleben dürfen - tatsächlich einen freien Anlegeplatz fanden, um uns auch dieses Städtchen mal von Land aus anzusehen. Während wir dies taten, kämpfte sich die Sonne durch und blieb von da an auch, zumindest größtenteils. Gelegentliche Schauer inbegriffen. Die auch nicht weiter störten, denn es blieb so windig, dass wir eh dauernd nass wurden. Wenn nicht von oben, dann von der Seite bzw.von unten. Von Woudsend aus gondelten wir noch über das Heeger und das Gaastermeer, wo wir die neu angelegten Naturhäfen der Marrekrite bewunderten und sogleich auch einen für uns ganz alleine kaperten. Wobei - stimmt auch nicht. Wir hatten Gesellschaft von Campina, dem "Punk ist nicht tot, es brütet im Gaastermeer" Blesshuhn, die sich von uns nicht aus der Ruhe bringen ließ und stoisch vor sich hin brütete. Erwartet wurden übrigens Zwillinge. Ob alles gutging - wir werden es nie erfahren. Aber fasziniert hat uns dieser Anblick in die intime Natur schon. 

Die letzte Nacht verbrachten wir in Sichtweite der American Windmill in relativer Einsamkeit und gönnten uns zum Ausgondeln eine ausgiebige Rundfahrt über das Sneeker Meer, welches sich an unserem letzten Tag so spiegelglatt und windstill präsentierte wie wir es noch nie erlebt hatten. War wohl auch schon fast so etwas wie ein Naturphänomen, meinte man auch bei Yachtcharter Sneek bei Übergabe. Bot uns immerhin die Gelegenheit, ganz ausgiebig die "Wir kennen uns hier aus" Route vom letztjährigen Trip mit Schwager und Schwägerin nochmal genau unter die Lupe zu nehmen. Wir haben diese traumschöne und etwas versteckte Ecke des Sneeker Meers jetzt verstanden und bereits versprochen, diesen Teil der letztjährigen Tour mit den beiden noch einmal zu wiederholen. Denn jetzt kennen wir uns wirklich da aus. 

Fazit: Mit Wetter aller Art muss man halt rechnen bei so einem Urlaub und einmal mehr bewährte sich unsere "es gibt kein schlechtes Wetter" Ausrüstung. Ansonsten: alles toll wie immer. Die Faszination bleibt ungebrochen. Und bei aller Wertschätzung für die Wetterwilles: Die haben halt zu Recht eine zahlreiche Stammkundschaft und spontan ist dort immer schwer. Schön, einen zweiten Vercharterer getestet und für sehr gut befunden zu haben. Kann nie schaden. 

+*Dies ist weder bezahlte noch unbezahlte Werbung, sondern einfach eine Aufzählung der Tatsachen vollständigskeitshalber. Ich verlinke nicht aus Gründen, befragt die Suchmaschine Eures Vertrauens.